I. Antisemitismus und rechtsradikales Gedankengut haben in der katholischen Kirche nichts zu suchen. Deswegen haben die Verantwortlichen der Diözesen Bamberg und Würzburg, als diese Vorkommnisse im Priesterseminar Würzburg offenkundig wurden, konsequent dagegen reagiert. Wir stellen in unserer Gesellschaft ein Anwachsen rechtsradikalen Gedankengutes fest, was ich zutiefst bedauere. Das hat auch mit einem mangelnden Geschichtsbewusstsein zu tun, das wir so nicht hinnehmen können und nicht hinnehmen dürfen.
Als der Kandidat, der vor seiner Würzburger Zeit bereits zwei Jahre in Eichstätt studiert hatte, auch ein Praktikum absolviert hatte, um eine zweite Chance bat, da war allen Beteiligten klar - uns vom Bistum und auch ihm -, dass wir uns mit einem Fehlverhalten nicht abfinden können. Aber zugleich muss es ein Anliegen der Kirche sein, dass Menschen sich verändern, sich wandeln. Die negativen Dinge dürfen doch nicht so bleiben, wie sie sind.
II. Deshalb haben wir seit 2014, also seit drei Jahren, diverse Maßnahmen ergriffen -individuelle Maßnahmen wie psychotherapeutische Aufarbeitung und eine Begleitung durch erfahrene Geistliche. -Es erfolgte eine Befassung mit einschlägigen Themen wie Flucht und Migration. Der Kandidat hat auch seine private Wohnung einige Monate lang mit einem Flüchtling geteilt. Er engagierte sich auch zeitweise beim Deutschunterricht. -Er absolvierte darüber hinaus verschiedene Praktika unter Anleitung, bei denen er mit vielen Menschen in Kontakt kam. Bei all dem bewährte er sich. Es wurden Zeugnisse und Gutachten von Begleitern und Anleitern eingeholt, aber auch von Menschen, mit denen er im Lauf seines Praktikums zu tun hatte. Diese Zeugnisse und Gutachten fielen positiv aus.
III. a) Aufgrund der durchgeführten Maßnahmen, b) aufgrund der persönlichen Anstrengungen des Kandidaten c) und der mir vorliegenden positiven Zeugnisse und Gutachten steht nach meiner Überzeugung fest, dass ich ihn zur Weihe zulassen kann. Wir weihen doch keine Heiligen zu Diakonen, Priestern und Bischöfen, da nehme ich mich in keiner Weise aus, sondern Menschen, die durch das Sakrament in ihrem Menschsein, in ihrem Dienst für Gott und die Menschen wachsen und reifen und sich weiter entwickeln sollen. Aufarbeitung braucht ganz gewiss Gerechtigkeit, aber Veränderung beim Menschen braucht auch Barmherzigkeit. Erlebte Barmherzigkeit verändert am meisten! In diesem Sinne bitte ich Sie um Respekt vor dem Weihekandidaten und seiner Familie.