KNA: Frau Geppert, was gab damals den Ausschlag zur Gründung des Portals?
Julia Geppert (Mitarbeiterin im Team des "Pfarrbriefservices"): Man hat sich überlegt, wie man die Ehrenamtlichen vor Ort unterstützen kann, die die Pfarrbriefe - heute gehen sie eher in Richtung Pfarrmagazin - als Redaktionsteam gestalten. Wir wollten ihnen mit Bildern und Texten ganz konkrete Bausteine an die Hand geben.
KNA: Wie kommen Sie an die über 24.000 Fotos und 5.600 Texte, die man inzwischen bei Ihnen herunterladen kann?
Geppert: Die meisten Bilder schicken uns Fotografierende aus Bistümern in ganz Deutschland zu; wir prüfen sie dann und laden sie mit Quellenangabe hoch. Die Texte stellen uns Autorinnen und Autoren aus ganz Deutschland für die Pfarrbriefarbeit zur Verfügung, und unser dreiköpfiges, hauptberufliches Redaktionsteam in Haßfurt bei Würzburg schreibt eigene Beiträge.
Beim Pfarrbriefservice haben wir den Vorteil, dass darin alle Bistümer Deutschlands, die Luxemburger Kirche und die Militärseelsorge zusammenarbeiten. Unser Portal ist damit deutschlandweit das einzige Projekt dieser Art überhaupt.
KNA: Welche Bedeutung haben Pfarrbriefe in der kirchlichen Medienlandschaft?
Geppert: Viele denken, dieses Medium sei irgendwie tot, weil alles in Richtung digital und soziale Medien geht. Der MDG-Trendmonitor hat aber gezeigt, dass der Pfarrbrief nach wie vor das reichweitenstärkste Medium der katholischen Kirche ist - und das erstaunlicherweise, und natürlich für uns erfreulicherweise, auch bei eher kirchenfernen Menschen. Denn Pfarrbriefe landen - ähnlich wie eine Gratiszeitung - meistens im Briefkasten. Und wenn man die dann schon hat, dann blättert man sie durch. Pfarrmagazine sind heute darauf ausgelegt, dass sie beim Durchblättern auch Spaß machen dürfen und sollen.
KNA: Was macht einen guten Pfarrbrief aus?
Geppert: Er hat eine gute Bildsprache, ein ansprechendes Layout mit überschaubarem Textanteil und bricht große kirchliche und gesellschaftliche Themen auf die Situation in der eigenen Gemeinde herunter. Früher waren Pfarrbriefe eher ein Rückblick auf das Gemeindeleben in den vergangenen Wochen und Monaten: Wo war die kfd? Was haben die Messdiener gemacht? Wie war das Zeltlager? Heute nehmen die Redaktionen Themen, die für die Gemeinde und Vereine relevant werden könnten, vorausschauend in den Blick. Oft wird ein Oberthema gewählt, das die Menschen interessiert.
KNA: Wodurch unterscheiden sich Pfarrbriefe von Kirchen- oder Bistumszeitungen? Letztere berichten ja auch aktuell über das Gemeindeleben vor Ort....
Geppert: Durch den anderen, oft nur halbjährlichen oder jährlichen Turnus hat eine Pfarrbriefredaktion mehr Zeit, um Themen auszuarbeiten. Das ist eine Stärke von Pfarrbriefen: Sie schauen, was in Kirche und Gesellschaft generell passiert und welche Bedeutung das auf die Situation vor Ort hat. Sie können deshalb sehr lokal berichten und auch in die Tiefe gehen.
KNA: Lesen den Pfarrbrief nicht nur alte Leute? Wie kann er für junge Menschen attraktiv gemacht werden?
Geppert: Natürlich ist die Kernklientel der katholischen Kirche nicht mehr ganz jung; das spiegelt sich auch in der Kernleserschaft der Pfarrbriefe, die 60 Jahre und älter sind. Zugleich sollte man schauen, was jüngere Leser interessieren könnte. Und: Auf dem Land ist die Zielgruppe eine andere als in der Stadt.
Jede Redaktion muss sich fragen, wen sie mit dem Medium erreichen möchte und wie sie es an die Leute bringt. Nicht überall finden sich noch Menschen, die den Pfarrbrief austragen möchten. Wenn ich ihn aber nur in der Kirche und im Pfarrheim auslege, werden ihn nicht so viele Menschen beachten. Alternativ kann ich mich mit dem neuen Pfarrbrief am Wochenende vor den Supermarkt stellen, ihn den Leuten anbieten, viel Spaß beim Lesen und ein schönes Wochenende wünschen. Dann erreiche ich niederschwellig natürlich auch jüngere Menschen, die sonst vielleicht wenig Kontakt zur Gemeinde haben.
KNA: Ein erklärtes Ziel des Pfarrbriefservices ist es, die Kommunikation mit den Menschen in den Pfarreien und Gemeinden zu verbessern. Das ist ein großes Thema - woran hakt es? Und wie kann ein Pfarrbrief zum besseren Verstehen beitragen?
Geppert: Pfarrbriefe haben in der momentanen Kirchenkrise keinen leichten Stand; sie haben mit der großen Gemengelage zu kämpfen. Sie können dabei aber "große" Themen wie Missbrauch oder Kirchenaustritte thematisch auf die Gemeindeebene beziehen. Bei Kirchenaustritten kann man beispielsweise die Situation vor Ort beleuchten und welche Schlüsse daraus gezogen werden. Oder was an Präventionsarbeit geleistet wird.
Das zeigt den Lesern: Wir sind an den Themen dran, wir sind kein Insel, die sich lediglich um Katechese und liturgische Themen kümmert. Vielmehr stehen wir mitten im Leben und wissen, was Euch bewegt. Dann fühlen sich die Leserinnen und Leser vor Ort wahrgenommen - auch wenn nicht alle zur nächsten Sonntagsmesse kommen. Ein Pfarrbrief kann damit ein kleiner, wichtiger Baustein der vertrauensvollen Kommunikation mit der Kirche vor Ort sein und, wenn er gut gemacht ist, positive Assoziation wecken mit Kirche.
KNA: Ältere Gemeindemitglieder werden gedruckte Versionen bevorzugen, jüngere digitale Ausgaben. Wie viele Gemeinden produzieren inzwischen auch oder ausschließlich digital?
Geppert: Das Thema Crossmedialität wird auch für uns immer interessanter. Denn damit kann man eben auch jüngere Gemeindemitglieder erreichen - aber auch die über 60-Jährigen sind inzwischen selbstverständlich digital affin. Deshalb erscheinen inzwischen viele Pfarrbriefe auch digital, wenn auch nicht oder nur selten ausschließlich.
Ein gedruckter, hochwertiger Pfarrbrief bekommt eine andere Aufmerksamkeit als die digitale Version, die neben vielen anderen Nachrichten ankommt. Und natürlich schätzen gerade ältere Leser das haptische Erlebnis. Aber wie die Medienarbeit insgesamt ist auch der Pfarrbrief im Wandel. Dabei muss man schauen, wie man auch ältere, digital nicht affine Leser nicht vor den Kopf stößt, und zwar ohne den Fortschritt zu meiden.
KNA: Blicken Sie mal in die Zukunft: Wie sieht der Pfarrbriefservice bei seinem 50-jährigen Bestehen aus?
Geppert: Ich glaube und hoffe, dass es das Angebot dann noch weiter gibt, aber es wird sich stärker in Richtung Digitalisierung entwickeln. Wie bei anderen Printmedien wird es mehr um Themenschwerpunkte gehen als um die Berichterstattung über konkrete Ereignisse. Was die Aktualität angeht, kann der Pfarrbrief mit Tageszeitungen und Internet natürlich nicht mithalten. Aber er kann wichtige Akzente setzen, die in der aktuellen Berichterstattung untergehen.
Ich hoffe, dass wir den Gemeinden weiter kostenlos Texte und Fotos anbieten können. Das hängt auch davon ab, wie sich die Kirchen finanziell weiterentwickeln; die Prognosen sind derzeit ja nicht rosig. Nichtsdestotrotz wäre es falsch, gerade an so einem kostenlosen Service zu sparen. Denn wo wird Kirche konkret wahrgenommen? Natürlich vor Ort!