domradio.de: Sie haben sich daran gestört, dass die CSU weiterhin eine Obergrenze für Flüchtlinge wichtig findet. Was stört Sie daran so sehr?
Ulrich Schneider-Wedding (Evangelischer Pfarrer aus Regensburg): Dass es vollkommen realitätsfern ist. Und ich weiß auch nicht, wie ich es meinen Kindern vermitteln soll, dass gesagt wird: Soundsoviele Flüchtlinge nehmen wir auf und beim sounsovielten ist Stop.
domradio.de: Die CSU reagiert mit ihrem Kurs auf die teilweise vehemente Kritik aus der Bevölkerung an Angela Merkels Flüchtlingspolitik. Auch die AfD hat einen ungeheuren Aufwind bekommen. Meinen Sie, dass die CSU da standfester hätte sein müssen, an der Seite der Kanzlerin?
Schneider-Wedding: Auf jeden Fall. Es wäre viel besser gewesen, wenn alle gemeinsam diese humanitäre Linie der Bundesregierung vertreten hätten. Zumal, wenn man als Partei wie die CSU an der Regierung beteiligt ist, nachdem auch Parteien ohne Regierungsbeteiligung dies unterstützen, wie etwa die Grünen oder die FDP. Meiner Meinung nach hat die CSU Parteien wie der AfD nur Aufwind gegeben und zu mehr Stimmen verholfen, weil es wie eine Bestätigung aus der offiziellen Politik klingt.
domradio.de: Nach welchen Kriterien müsste man Ihrer Meinung nach Flüchtlinge in Deutschland aufnehmen?
Schneider-Wedding: Ja, ich denke mal, das ist sowieso der falsche Ansatz, Symptome zu bekämpfen und zu überlegen welche Flüchtlinge nehmen wir auf oder mit der Türkei zu verhandeln. Ich denke, der richtige Ansatz wäre, was mich an der CDU und Angela Merkel fasziniert, dass die soziale Marktwirtschaft erneuert gehört, in Richtung einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft. Dies haben beide Kirchen 1997 und 2014 gefordert. Ich denke, dass nur dies das Flüchtlingsproblem lösen kann, weil nur eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft den Investitionsdruck in Deutschland senkt und damit Mittel freisetzt, die dem Aufbau der dritten Welt dienen können. Mit einem Aufschwung in den Schwellenländern und in den Ländern der dritten Welt lässt sich der Flüchtlingsstrom stoppen.
domradio.de: Normalerweise kann man, wenn man in Bayern wohnt, nicht in die CDU eintreten. Wenn man in Hamburg, Köln oder Berlin lebt, kann man auch nicht in die CSU eintreten. Wie haben Sie das geschafft?
Schneider-Wedding: Das ist einfach, dass in der Satzung der CDU entweder der Wohnort entscheidend ist oder der Ort, wo man arbeitet. Da ich öfters in Wünschendorf (Thüringen) einem befreundeten Kollegen ausgeholfen habe und mit ihm zusammengearbeitet habe, haben wir alle miteinander befunden, dass das ein Grund ist, warum ich in die CDU eintreten kann.