Bischöfe: Kritik an Kirchen in Corona-Krise "nicht berechtigt"

Phasen einer Schockstarre

Die schärfste Kritik kam aus der Politik: Die Kirchen hätten versagt. Das weisen mehrere Bischöfe beider Kirchen zurück. Der DBK-Chef kündigte dennoch eine "selbstkritische Diskussion" über das Verhältnis von Kirche und Staat an.

Autor/in:
Rainer Nolte
Abgesperrte, leere Kirchenbänke / © Felix Kästle (dpa)
Abgesperrte, leere Kirchenbänke / © Felix Kästle ( dpa )

Mehrere deutsche Bischöfe haben Kritik zurückgewiesen, dass die Kirchen in der Corona-Krise nicht präsent genug gewesen seien. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf betonte die Vorwürfe seien "nicht berechtigt". Auf der Facebook-Seite des Bistums Mainz sagte er zum Wochenende: "Natürlich kann man immer sagen, das und das hätte besser laufen müssen." Von Pfarrern sowie hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern höre er aber, wie viel in der Corona-Zeit vor Ort entwickelt worden sei. "Das ist schon zum Teil großartig."

Kohlgraf räumte ein: "Natürlich gab es am Anfang auch Phasen einer Schockstarre, wo wir auch nicht wussten, was passiert." Er selbst sei als Bischof aber "mehr in den Medien gewesen als je zuvor" und habe sich oft zu den relevanten Themen geäußert. "Insofern kann ich für mich persönlich diese Kritik so nicht akzeptieren."

Vorwurf des Versagens

Am schärfsten zum Verhalten der Kirchen während der Corona-Pandemie hatte sich die frühere thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) geäußert. Sie warf den Kirchen "Versagen" vor, weil sie "Hunderttausende Menschen" allein gelassen habe, etwa Kranke, Einsame, Alte und Sterbende.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, kündigte unterdessen eine "selbstkritische Diskussion" über das Verhältnis von Staat und Kirche nach dem Ende der Krise an. Dabei müsse es um die Frage gehen, ob die Kirche "zu vorauseilend" agiert oder zu spät auf Lockerungen gedrängt habe, sagte der Limburger Bischof im Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag). Er persönlich sei der Ansicht, die Kirchen hätten verantwortlich gehandelt. Man habe sich bewusst nicht gegen die staatlich verordneten Einschränkungen gewehrt.

Bätzing fügte hinzu: "Der Verzicht ist uns sehr schwer gefallen, aber es galt Menschenleben zu schützen." Die kirchliche Autonomie sei ein hohes Gut - "aber hier war der falsche Zeitpunkt, auf sie zu pochen". In den notwendigen Debatten nach der Pandemie müsse auch erörtert werden, "wie es bei uns um das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit steht".

Kontakt eingeschränkt halten

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki betonte, dass die Kirche sich an die Auflagen habe halten müssen. "Was hätten wir in der Öffentlichkeit zu hören bekommen, wenn möglicherweise ein Priester ein Virus in ein Senioren- oder Pflegeheimen eingeschleppt hätte", sagte der Erzbischof der "Rheinischen Post". Mit verfügbaren Möglichkeiten sei versucht worden, Kontakt zu den Menschen zu halten, "was leider nur eingeschränkt machbar war".

Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, wies die Kritik Lieberknechts zurück. Im SWR-"Interview der Woche" bezeichnete der bayerische Landesbischof die Vorwürfe als "unfair". Seelsorger hätten sich aufgerieben, um Menschen so gut wie möglich zu begleiten.

Auch der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, verteidigte den Einsatz der Kirchen. So sei auf Ausnahmegenehmigung für Seelsorger gedrungen worden, die zu gefährdeten Menschen wollten, sagte Stäblein dem "Tagesspiegel".


Quelle:
KNA