Piusbrüder kritisieren Dialogkurs von Papst Franziskus

Einigung ferner denn je

Der "Chefdogmatiker" der traditionalistischen Piusbruderschaft in Deutschland, Pater Matthias Gaudron, erteilt der von Papst Franziskus gewünschten Öffnung der katholischen Kirche zu anderen Religionen eine Absage.

Matthias Gaudron / © fratresinunum.com
Matthias Gaudron / © fratresinunum.com

Die Gespräche zwischen dem Vatikan und den Piusbrüdern lägen derzeit auf Eis, sagte der Theologe am Freitag in einem Interview mit spiegel online. Kritik äußerte er an Äußerungen des Papstes zur Homosexualität und zu seiner Warnung vor dem Glauben als Ideologie. Die katholische Kirche in Deutschland wird nach Gaudrons Worten in 15 bis 20 Jahren zusammenbrechen, weil sie keinen Priesternachwuchs hat und die Gläubigen immer weniger werden.

"Viele sagen, die Kirche würde wieder Mitglieder gewinnen, wenn sie sich öffnen würde. Aber wenn das so wäre, dann müssten die Menschen doch massenhaft in die protestantischen Kirchen strömen", sagte Gaudron. Das Unverbindliche habe keine Kraft und könne nicht begeistern.

Als "sehr problematisch" wertete Gaudron die Absage des Papstes an eine übertriebene Suche nach Sicherheit im Glauben. "Wenn die einzige dogmatische Sicherheit darin bestehen soll, dass Gott Gott im Menschen ist, halte ich das für ein bisschen wenig", sagte er. "Die Wahrheit des Glaubensbekenntnisses kann auch der Papst nicht ändern." Papst Franziskus hatte in einem Interview davor gewarnt, in "übertriebener Weise die Sicherheit in der Lehre" zu suchen; auch dürfe man nicht "verbissen die verlorene Vergangenheit" suchen. "Auf diese Weise wird der Glaube eine Ideologie unter vielen."

Streitthema Homosexualität

Beim Thema Homosexualität hielt Gaudron dem Papst eine widersprüchliche Haltung vor. Einerseits behaupte er, dass er die Lehre der katholischen Kirche annehme. Andererseits erwecke Franziskus den Eindruck, dass es in Ordnung sei, homosexuell zu sein. "Entweder ich halte mich an die Lehre, dann kann ich Homosexualität nicht gutheißen, oder ich lasse es. Aber dann bin ich nicht mehr katholisch."

Gaudron appellierte an den Papst, das Recht der Priester, die alte Messe zu feiern, zu garantieren. Dass die Gespräche zwischen Piusbrüdern und Vatikan derzeit auf Eis lägen, schiebt der Theologe auch auf den Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller. "Er mag uns nicht. Er verhält sich uns gegenüber ablehnend, seit er in Rom ist."

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet. Sie lehnt die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. Streitpunkte sind vor allem Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene. 1975 entzog Rom der Bruderschaft die kirchenrechtliche Zulassung.

Nach unerlaubten Priesterweihen wurde Lefebvre 1976 die Ausübung seines Bischofsamts verboten. Indem er 1988 ohne päpstliche Zustimmung vier Priester seiner Bruderschaft zu Bischöfen weihte, zogen sich alle fünf die Exkommunikation zu. Papst Benedikt XVI. hob 2009 als Versöhnungsgeste die Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft auf. Seit Ende 2009 gab es im Vatikan mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern der Bruderschaft über strittige Lehrfragen. Seit Frühjahr 2012 ist der Prozess offenbar zum Stillstand gekommen.


Quelle:
KNA