Plakatkampagne des Umweltministeriums verärgert Landwirte

Bauernkrieg mit Schüttelreimen

Bauernregeln sind eine Sache für Wetterexperten. Doch derzeit sorgen vermeintlich lustige Sprüche für Ärger im Bundeskabinett. Agrarbranche und Umweltministerin Hendricks streiten mit Schüttelreimen über Agrarpolitik.

Autor/in:
Christoph Arens
Neue Bauernregeln des Bundesumweltministeriums / © N.N. (BMUB)
Neue Bauernregeln des Bundesumweltministeriums / © N.N. ( BMUB )

Derzeit kommt es dicke für die Landwirte in Deutschland. Erst hat der Berliner katholische Erzbischof Heiner Koch mit seiner Kritik an der Massentierhaltung für scharfen Widerspruch gesorgt und eine empörte Reaktion von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hervorgerufen. Jetzt löst eine Plakatkampagne für umweltverträgliche Agrarpolitik aus dem Bundesumweltministerium massiven Widerspruch in der Agrarbranche und offenen Streit zwischen Schmidt und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) aus. Der Konflikt wird nicht zuletzt mit Schüttelreimen ausgetragen.

Werbung für Reform der europäischen Agrarförderung

"Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein", so lautet eine der humorvoll gemeinten elf "Bauernregeln", die das Bundesumweltministerium in seiner Plakatkampagne verwendet. "Haut Ackergift die Pflanzen um, bleiben auch die Vögel stumm", so ein anderer Spruch. Auf Plakaten in über 70 Städten, auf Ansichtskarten und über Social Media wirbt Hendricks für eine Reform der europäischen Agrarförderung. Auch die Optik spielt auf die Tradition der Bauernregeln an: Die Sprüche wirken wie auf Küchenhandtuch-Stoff gestickt, verziert mit Blütenranken.

Doch die Agrarbranche kann mit solcher Art Humor wenig anfangen. Minister Schmidt forderte seine Kabinettskollegin Hendricks in einem Brief öffentlich auf, die Kampagne sofort zu beenden und sich für den "entstandenen Schaden bei den Bäuerinnen und Bauern" zu entschuldigen. Ein ganzer Berufsstand werde undifferenziert an den Pranger gestellt. Der CSU-Minister konstruiert dabei einen Stadt-Land-Gegensatz: "Eine vermeintliche 'Meinungselite' aus den Metropolen amüsiert sich hier auf Kosten der Menschen im ländlichen Raum", so hob er den Konflikt auf eine andere Ebene.

"Tiefpunkt in der agrarpolitischen Diskussion"

Der Deutsche Bauernverband sprach von einem "Tiefpunkt in der agrarpolitischen Diskussion", wenn ein Ministerium glaube, mit Schüttelreimen öffentliche Debatten vorantreiben zu können. Auf Twitter verkündete die Dachorganisation eine eigene Bauernregel: "Ist zu schwach das Argument, macht der Reim das Regiment."

Hendricks allerdings verteidigt ihre Kampagne: "Wer mir vorwirft, ich würde einen ganzen Berufsstand diffamieren, hat die Bauernregeln nicht verstanden - oder versteht sie mit Absicht falsch", sagte die Ministerin der "Bild am Sonntag". Und kontert mit weiterer Reimkunst: "Wir wollen niemand diffamieren, uns liegt nur viel an Pflanz' und Tieren." Landwirtschaft habe nur dann eine Zukunft, "wenn sie naturverträglich ist und Artenvielfalt, Klimaschutz und die Gesundheit der Menschen mit berücksichtigt".

Erzbischof Koch verurteilt moderne Tierhaltung

Zuvor hatte Erzbischof Koch bei der Grünen Woche bestimmte Formen der modernen Tierhaltung scharf verurteilt und dafür einen Proteststurm geerntet. "Wir können die Augen nicht verschließen vor katastrophalen Zuständen in den großen Tierfabriken", hatte Koch unter anderem kritisiert. Schweinemäster "behandeln die Kreatur wie ein technisches Fließbandprodukt und schlachten die Tiere unter unsäglichen Bedingungen".

Die Reaktionen der Landwirte reichten von Resignation bis zum Kirchenaustritt. "Tag für Tag sieben Tage die Woche kümmern wir uns zusammen mit vier Mitarbeitern um das Wohl unserer Tiere", zitierte die Internetseite topagrar.com ein Landwirtspaar. "Es ist unglaublich, da von unsäglichem Leid an der Kreatur zu sprechen und dass wir das einzig und allein aus Profitgier tun."

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Peter Bleser (CDU), erklärte, dass es angesichts der Bindung jedes Landwirts an seine Tiere sehr verletzend sei, wenn sie als Tierquäler bezeichnet würden. Zugleich räumte er ein, obwohl Deutschland beim Tierschutz führend sei, müsse es für weitere Verbesserungen offen bleiben.

Koch selber äußerte sich in einer Stellungnahme betroffen über "Unverständnis, Ärger und Empörung". Er betonte: "Dass Sie sich durch meine Worte beleidigt oder verunglimpft fühlen, bedauere ich sehr." Es sei ihm bewusst, dass "die allermeisten Landwirte mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein vor Gottes Schöpfung und damit auch vor den Tieren ihre Arbeit tun". Auch von den Verbrauchern sei verantwortliches Verhalten gefordert.


Quelle:
KNA