"Für uns Polen ist die Erinnerung an den heiligen Johannes Paul II. ein wesentlicher Bestandteil unseres nationalen Erbes und gehört zur polnischen Staatsräson, die wir mit absoluter Hingabe und Entschlossenheit bewahren sollten, ohne Rücksicht auf die Folgen", schrieb Duda am Wochenende einem polnischen Bischof. "Das ist unsere bürgerliche, patriotische und historische Pflicht."
Den Brief veröffentlichte die Präsidentenkanzlei auf ihrer Website auch auf Englisch und Italienisch, damit Dudas Botschaft international mehr Beachtung findet. Die aktuell hitzige Debatte über Johannes Paul II. in Polen wurde durch eine Fernseh-Doku des Privatsenders TVN24 ausgelöst.
"Herausragendste Persönlichkeit"
In dem TV-Bericht wurde ihm vorgeworfen, er habe als Erzbischof von Krakau vor seiner Papstwahl von Anschuldigungen sexuellen Kindesmissbrauchs gegen drei Geistliche gewusst, habe sie aber trotzdem weiter in Pfarreien arbeiten lassen. Für einen Priester schrieb Johannes Paul II. der Doku zufolge 1972 ein Empfehlungsschreiben an den damaligen Wiener Kardinal Franz König, um ihn in eine österreichische Kirchengemeinde schicken zu können. Über die Vorwürfe gegen den Priester habe er König nicht informiert.
Duda bezeichnete Johannes Paul II. als "herausragendste Persönlichkeit in der Geschichte unserer Nation". Er habe Polen auf dem Weg zur Freiheit geführt und sei zum "geistigen Vater der unabhängigen Republik" geworden. Die Lehre des Papstes aus Polen bleibe auch heute für jeden Menschen guten Willens wichtig und aktuell. Er sei fest davon überzeugt, dass sich auch die künftigen Generationen von ihr inspirieren lassen werden.
Polen gespalten
Zum Vorwurf der Missbrauchsvertuschung äußerte sich Duda nicht. Anlass seines Briefes an den neuen Bischof von Gliwice (Gleiwitz), Slawomir Oder, war dessen Amtseinführung am Samstag. Oder hatte als Postulator ("Anwalt") die 2014 erfolgte Heiligsprechung Johannes Pauls II. vorangetrieben.
Laut einer Umfrage des Internetportals "Wirtualna Polska" glauben ähnlich viele Polen, dass Johannes Paul II. Sexualstraftaten vertuscht habe, wie andere, die dies verneinen. 15,8 Prozent antworteten, er habe sie ganz bestimmt vertuscht; 19,4 Prozent mit "eher ja". Hingegen meinten 12,1 Prozent "eher nein" und 20,5 Prozent "entschieden nein". Ein knappes Drittel der Befragten erklärte, sie wüssten es nicht oder es sei schwer zu sagen. Das Meinungsforschungsinstitut United Surveys befragte den Angaben zufolge am Donnerstag 1.000 Personen telefonisch.