Politik will organisierte Sterbehilfe verbieten

"Einsamkeit ausgenutzt"

Die Bundesländer wollen die gewerbliche oder organisierte Suizidhilfe verbieten. "Der Tod darf nicht zu einem profanen Dienstleistungsangebot werden", sagte der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) der "Berliner Zeitung". Die Angst der Menschen, zu leiden, dürfe nicht von Dritten zur eigenen Gewinnmaximierung ausgenutzt werden.

 (DR)

Der ehemalige Hamburger Justizsenator Roger Kusch hatte am Samstag einer Frau beim Suizid assistiert. Der Fall bleibt vorerst ohne rechtliche Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft Würzburg schließt eine «rechtlich relevante Fremdbeteiligung» aus.

Die Kirche hatte empört auf das Vorgehen Kuschs reagiert. Weihbischof Jasche sprach im domradio von einem "makaberen Spiel" mit dem Tod.

Freiheitsstrafe für organisierte Sterbehilfe
Am Freitag soll im Bundesrat ein Gesetzentwurf beschlossen werden, nachdem die gewerbliche oder organisierte Sterbehilfe mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Neben Baden-Württemberg stehen auch Bayern, Thüringen, das Saarland und Hessen hinter dem Entwurf.

Der hessische Justizminister Jürgen Banzer (CDU) sagte der Zeitung: «Die Würde des Menschen muss auch und gerade in existenziellen Situationen, insbesondere am Lebensende, uneingeschränkt gewahrt werden.» Am Wochenende hatte der ehemalige Hamburger Justizsenator Roger Kusch mit seinem Verein einer 79-jährigen Rentnerin Sterbehilfe geleistet.

Unterstützung bekommen die Länderchefs auch von der Gesundheitsministerin und den Ärzten. «Ich finde es unglaublich, dass ein ehemaliger Senator sich mit einem solchen Apparat öffentlich produziert.« Sie lehne ein solches Vorgehen ab, betonte Gesundheitsministerin Schmidt in einem Interview mit der "Bild" Zeitung.

Mit Hilfsangebote gegen Sterbehilfe
»Der richtige Weg sind Hilfsangebote für sterbende Menschen", sagte Schmidt. Das sei zugleich ein wesentlicher Beitrag dazu, den Diskussionen um aktive Sterbehilfe den Nährboden zu entziehen.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, sagte dem Blatt: «Es ist abscheulich und zutiefst empörend, wie hier ein selbstgefälliger Zyniker die Einsamkeit einer alten Frau ausgenutzt hat, um seine Geltungssucht zu befriedigen.»

Sterbehilfe als «Ultima Ratio»?
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), Karlheinz Wichmann, sagte, seine Organisation lehne die Methode eines Injektionsautomaten ab. Er fügte hinzu: «Wir sind der Meinung, dass die aktive Sterbehilfe zu Recht in der Bundesrepublik Deutschland verboten bleibt.» Allerdings sei die DGHS dafür, dass «in ganz gewissen Ausnahmefällen» die Möglichkeit bestehe, eine Regelung zu schaffen. Als «Ultima Ratio» müsse es jedem Bürger möglich sein, «auch durch eine gewisse Hilfe seinem Leben ein Ende zu setzen», sagte Wichmann, der zugleich einen Ausbau der Palliativmedizin und eine gesetzliche Grundlage für die Patientenverfügung forderte.

Wie solche Ausnahmen aussehen könnten, erläuterte Wichmann nicht. Die DGHS setzt sich vor allem für eine Verbindlichkeit von Patientenverfügungen und die gesetzliche Absicherung der Beendigung von lebenserhaltenden Maßnahmen (passive Sterbehilfe) ein.