Angesichts der mutmaßlichen Misshandlung von Flüchtlingen in NRW fordern Politiker und Menschenrechtsexperten Qualitätskontrollen und Standards für Flüchtlingsunterkünfte. Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen in Nordrhein-Westfalen, Monika Düker, verlangte am Dienstag strengere staatliche Kontrollen, um sicherzustellen, dass Flüchtlinge gut untergebracht und gut behandelt werden. Im WDR-Radio äußerte sie Entsetzen über die bislang bekanntgewordenen Vorfälle in Unterkünften in Burbach, Essen und Bad Berleburg.
Die Berliner Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte einen nationalen Flüchtlingsgipfel. Dieser sei längst überfällig.
"Alle Beteiligten - Bund, Länder, Kommunen und Flüchtlingsorganisationen - müssen an einen Tisch", sagte Göring-Eckardt der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe).
Bundesregierung zu lange untätig
Die Bundesregierung dürfe die Verantwortung nicht alleine auf die Länder und Kommunen schieben, sagte Göring-Eckardt. "Die starke Zunahme von Flüchtlingen ist seit Jahren absehbar gewesen. Es rächt sich jetzt, dass die Bundesregierung zu lange untätig blieb." Der Bund müsse "schnellstmöglich prüfen, welche Gebäude er selbst für die Erstaufnahme zur Verfügung stellen kann". Zudem "muss er Länder und Kommunen finanziell entlasten, etwa durch die Abschaffung des diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetzes", forderte die Politikerin.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, äußerte sich schockiert. Ihm sei "unverständlich, was in diesen Menschen vorgeht", sagte er der in Essen erscheinenden "Neuen Ruhr/Neuen Rheinzeitung" (Dienstagsausgabe). Trotz der Belastungen der Kommunen durch die steigenden Flüchtlingszahlen seien solche Übergriffe nicht zu tolerieren. Es seien nun alle Verantwortlichen, darunter sowohl der Betreiber European Homecare als auch die Behörden, gefordert, die Hintergründe aufzuklären und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um Gewalttaten künftig zu verhindern.
Mangelnde Qualitätsstandards
Der Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen macht im Kern fehlende Kontrollen und ein mangelndes Beschwerdemanagement für die Gewalttaten gegen Flüchtlinge durch Sicherheitspersonal verantwortlich. Das Unternehmen, das den Zuschlag für die Unterbringung von Flüchtlingen erhalte, bleibe anschließend sich selbst überlassen, kritisierte Geschäftsführerin Birgit Naujoks im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstagsausgabe). Gegen private Anbieter sei grundsätzlich nichts einzuwenden, doch es fehlten Qualitätsstandards für die Ausschreibung solcher Dienstleistungen. Sie kritisierte zudem, dass Wachleute aufgrund der gezahlten Tarife billiger seien als Sozialarbeiter.
Weg von der "Viehhaltung"
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sprach von einer "Spitze des Eisbergs". In allen Bundesländern müsse jetzt genau geschaut werden, wer in Flüchtlingsheimen beschäftigt werde, sagte er der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe). Vor allem bräuchten die Kommunen mehr Geld. "Wir reden nicht von Viehhaltung, sondern von Daseinsfürsorge für Flüchtlinge, für schwer traumatisierte Menschen in einer verzweifelten Lebenssituation."
Die Behörden ermitteln derzeit gegen Mitarbeiter von verschiedenen privaten Sicherheitsdiensten, die in drei Asylbewerberunterkünften in Nordrhein-Westfalen eingesetzt waren und dort Flüchtlinge misshandelt haben sollen. Die Vorfälle lösten bundesweit Bestürzung aus. Die Bundesregierung forderte am Montag eine schnelle Aufklärung.