Politiker und Verbände fordern härtere Sanktionen gegen Antisemitismus

Furcht um Leib und Leben

Das Amt eines Bundesbeauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus wird seit vielen Jahren gefordert. Demonstrationen in Deutschland, auf denen israelische Fahnen verbrannt wurden, haben die Debatte neu angeregt.

Demo gegen Antisemitismus (dpa)
Demo gegen Antisemitismus / ( dpa )

Nach den jüngsten judenfeindlichen Vorfällen in Deutschland wird der Ruf nach einem Antisemitismus-Beauftragten des Bundes lauter. "Nicht nur aufgrund der jüngsten Vorfälle halte ich es für richtig, einen Antisemitismusbeauftragten einzusetzen", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) der "Bild am Sonntag". Dies habe auch die unabhängige Expertenkommission beim Innenministerium empfohlen.

Neue Debatte um Antisemitismus

In Deutschland hatten Demonstrationen, auf denen aus Protest gegen die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt durch die USA israelische Fahnen verbrannt wurden, eine neue Debatte um Antisemitismus entfacht. Politiker und Organisationen, wie der Zentralrat der Juden in Deutschland, regten Gesetzesverschärfungen an, um solche Demonstrationen zu verbieten.

Einen Antisemitismusbeauftragten im Kanzleramt forderte auch Charlotte Knobloch. Jüdische Menschen müssten um Leib und Leben fürchten, sagte die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".Auf deutschen Straßen entlade sich ein offener, aggressiver Judenhass. Ein Mob aus meist arabischen Jugendlichen und türkischen Nationalisten tobe sich ungehindert aus.

Hartes Vorgehen gegen anti-israelische Ausschreitungen

"Hier geht es nicht um Trump oder Jerusalem, sondern um blanken Antisemitismus, der durch nichts zu rechtfertigen ist, und für den es in Deutschland keinen Raum geben darf", erklärte Knobloch. Auch die muslimischen Gemeinden und Verbände seien in der Pflicht, Judenhass zu ächten und zu bekämpfen, so die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte ein hartes Vorgehen gegen anti-israelische Ausschreitungen in Deutschland. "Ich finde es unerträglich, dass in Deutschland israelische Flaggen brennen", sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Sonntag). "Solche Ausbrüche von Hass dürfen nicht auf unseren Straßen zelebriert werden." Dagegen müsse man sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln des Rechtsstaates wehren.

Gesetzesänderungen wolle sie allerdings nicht verlangen, betonte von der Leyen. Diese Frage müsse der Justizminister beantworten.

Deutschland trage Verantwortung für ermordete Juden

Bundesinnenminister de Maizière sprach sich in der "Bild am Sonntag" für ein härteres Vorgehen gegen israelfeindliche Demonstranten aus: "Wir können nicht dulden, wenn Fahnen eines Staates öffentlich verbrannt werden. Es ist das symbolische Vernichten des Existenzrechts eines Landes. Hier sollte wenn möglich polizeilich eingegriffen werden."

Das Verbrennen einer offiziellen Botschaftsfahne stehe unter Strafe. De Maizière: "Ich empfinde es aber auch als Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, wenn nachgemachte Fahnen verbrannt werden."

Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, fordert im Kampf gegen Antisemitismus eine intensivere Vermittlung von historischen Zusammenhängen. "Politische Bildung heißt, dass wir reflektieren, welche Verantwortung Deutschland gegenüber dem Staat Israel hat", sagte Krüger der "Berliner Zeitung" (Samstag). Dies gelte vor dem Hintergrund der Tatsache, "dass die Deutschen Verantwortung tragen für sechs Millionen während des Nationalsozialismus ermordete Juden".

Aufruf an muslimische Verbände

Der Zentralrat der Juden in Deutschland appellierte an die Islamverbände, verstärkt gegen antisemitische Tendenzen in Moscheegemeinden vorzugehen. "Repräsentanten der Muslime haben sich durchaus gegen Antisemitismus positioniert", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der Zeitung "Die Welt" (Samstag). Die Verbände erreichten jedoch nur einen kleinen Teil der Gemeinden.

In vielen Moscheen würden "weiterhin Vorbehalte gegen Juden und gegen Israel verbreitet". Hier seien die muslimischen Verbände aufgerufen, "sehr klar einzuwirken und deutlich zu machen, welcher Wertekodex in Deutschland gilt", betonte Schuster.


Quelle:
epd
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