domradio.de: Sie äußern Kritik in Ihrem Bericht. Was sind die größten Kritikpunkte?
Jüsten: Wir kritisieren, wenn Rüstung in Länder exportiert wird, die nicht als sichere Länder gelten. Für uns ist es wichtig, dass Rüstung nur dahin geht, wo auch unsere Freunde sind, also in NATO-Länder bzw. in Länder, die sich an die demokratischen Spielregeln halten, die keine Menschenrechte verletzen und von daher gute Länder sind. Die Gefahr ist ja immer dann, wenn man Waffen in Länder exportiert, die nicht rechtsstaatlich organisiert sind, dass man nicht genau weiß, was hinterher mit den Waffen passiert. Wer sich nicht an Recht und Gesetz hält, wird sich auch nicht daran halten, dass die Waffen dahin kommen, wo sie hingehören. Dann können natürlich solche Waffen großen Schaden anrichten.
domradio.de: Wenn Sie von einer Kehrtwende sprechen, die noch nicht erfolgt ist: Wie könnte diese Kehrtwende denn aussehen?
Jüsten: Wenn sich die Bundesregierung an die selbst gesetzten Kriterien noch mehr hält – und nicht nur die Bundesregierung, sondern Europa insgesamt, denn Waffensysteme werden nicht nur von einem Land produziert, sondern von vielen - dann tritt eine Kehrtwende ein. Wenn eben alle Länder in der Europäischen Union sich an diese Kriterien halten, die ich eben beschrieben habe.
domradio.de: Sie begrüßen eine gewachsene Transparenz gegenüber dem Parlament in Sachen Waffenexporte. Wie äußert sich denn diese Transparenz?
Jüsten: Dieses Jahr ist zum ersten Mal der Rüstungsexportbericht für 2013 bereits im Sommer vorgelegt worden. Dass es überhaupt den Rüstungsexportbericht gibt, ist ein Verdienst der Kirchen, denn durch unseren Rüstungsexportbericht haben wir die jetzige, aber vor allem auch die damalige Bundesregierung vor uns hergetrieben. Jetzt liegen die Zahlen da und jetzt kann man die Zahlen vergleichen mit den Zahlen, die international auf dem Markt sind. Da hat der Bundeswirtschaftsminister einen guten Job gemacht und deshalb darf man ihn an der Stelle auch mal loben.
domradio.de: Es ist jetzt der 18. Bericht zur Einschätzung der deutschen Rüstungsexporte. Was hat sich denn vom ersten bis zum jetzigen alles positiv verändert?
Jüsten: Die Transparenz ist ein großer Erfolg. Dass im Bundestag jetzt mehr über Rüstungsexporte diskutiert wird, ist eine langjährige Forderung von uns. Wenn man Rechenschaft ablegt, achtet man auch mehr darauf, was man tatsächlich macht. Wenn alles im Verborgenen bleibt, können Waffen möglicherweise auch dahin exportiert werden, wo sie nicht hingehören.
Das Gespräch führte Tobias Fricke. Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Weder domradio.de noch das Erzbistum Köln machen sich Äußerungen der Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen zu eigen.