domradio.de: Was war Ihr persönliches Highlight im Gedenkjahr zur Reformation?
Manfred Rekoswski (Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland): Ich kann von Highlight eigentlich nur im Plural sprechen. Aber ich will eines nennen, das mich sehr beeindruckt hat: Das war ein Gottesdienst im Januar im Essener Dom mit Bischof Franz-Josef Overbeck und vielen hundert Christinnen und Christen im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christenheit. Da haben wir uns miteinander erinnert und die Reformation dafür zum Anlass genommen. Wir schöpfen aus gemeinsamen Quellen, wir haben einen gemeinsamen Auftrag und uns verbindet viel mehr als uns trennt. Das war für mich sehr bewegend und berührend und für die Menschen, die da waren, auch.
domradio.de: Wenn Sie zurückblicken auf die bisherigen Feierlichkeiten und Veranstaltungen zu diesem Gedenkjahr: Wie fällt die Bilanz für Sie aus?
Präses Rekowski: Wir haben sehr positive Erfahrungen gemacht. Ich will zwei Beispiele nennen. Das eine ist, dass wir gemerkt haben: Es tut uns als Kirche richtig gut, wenn wir ab und an den Außenblick zulassen und bewusst suchen. Wir haben zum Beispiel Theatermacher aus Köln gebeten, ein Theaterstück zur Reformation zu schreiben. Da ist etwas sehr Eindrückliches und Unterhaltsames unter der Überschrift "Und fürchte nichts" entstanden. Ich finde es ausgesprochen gut, wenn es uns gelingt, die Außenperspektive zuzulassen.
Und das andere ist: So wohl wir uns auch in Kirchenmauern fühlen, unser Ort ist eigentlich auch außerhalb dieser Kirchenmauern. Die Gottesdienste an ungewöhnlichen Orten - in einem Steinbruch in der Nähe von Wuppertal oder auf dem Parkplatz des Zentralkomitee der deutschen Katholiken in Bonn beispielsweise - waren eine gute Sache. Da merken wir: Es ist schön, wenn wir auch aus unseren Mauern herausgehen.
domradio.de: Das Reformationsjahr geht jetzt langsam zu Ende. Was nehmen Sie daraus mit für die Zukunft?
Präses Rekowski: Zunächst möchte ich sagen: Ein bisschen was kommt ja noch. Der 31. Oktober steht ja noch bevor und wir werden da unter anderem eine ökumenische Vesper mit Kardinal Woelki in Altenberg haben. Es gibt Dinge, auf die wir uns noch freuen. Ansonsten ist es aber so, dass wir schon sagen: Wir wollen das, was gelungen ist in diesem Jahr, auch fortsetzen. Dazu gehören die beiden Punkte, die ich genannt habe: Einerseits die Außenperspektive zu suchen, die Kooperation mit Menschen, die nicht zum harten Kern der Kirche gehören. Und andererseits: Türen auf, Fenster auf, raus auf die Plätze und Straßen, mutig etwas ausprobieren. Das ist der Weg, denn wir als Evangelische Kirche im Rheinland gehen werden.
domradio.de: Das Finale des Reformationsjahres kommt jetzt also. Auf was alles können wir uns freuen?
Präses Rekowski: Im Rheinland wird es am 31. Oktober Reformationsgottesdienste geben, außerdem um 18 Uhr die Ökumenische Vesper im Altenberger Dom (domradio.de überträgt die Vesper live im Internet und im Radio, Anm. d. Red.). Und in Bonn wird es um 20 Uhr eine Reformationsgala geben, die vom WDR übertragen wird. Da passiert also richtig viel.
domradio.de: Die Ökumene stand in diesem Gedenkjahr im Vordergrund. Was bleibt davon?
Präses Rekowski: Es ist wirklich außergewöhnlich, dass zum ersten Mal ein Reformationsjubiläum nicht in Abgrenzung zur katholischen Kirche gefeiert wurde, sondern vielfach auch gemeinsam. Das ist ein Riesenschritt nach vorne. Es ist den vergangenen Jahren und Jahrzehnte viel an Nachbarschaftsökumene, tragfähige Beziehungen vor Ort, entstanden. Und auch das Miteinander der leitenden Geistlichen hat sich vielfach in diesem Jahr erkennbar positiv weiterentwickelt. Darauf kann man bauen. Die Menschen in dieser Gesellschaft warten darauf, dass die Kirchen glaubwürdig für die Menschen eintreten. Da müssen wir viel tun und wollen es auch gemeinsam tun.
Das Interview führte Silvia Ochlast.