Präses Schneider rügt Papstkritik in Chrismon

"Keine Aussagen unserer Kirche"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Nikolaus Schneider, sieht die jüngste Papstkritik in der evangelischen Zeitschrift "Chrismon" als "nicht hilfreich" an. Die Aussagen von Chefredakteur Arnd Brummer seien persönlicher Natur und geben nicht die Auffassung der evangelischen Kirche wieder.

 (DR)

"Die Freiheit zu solchen Urteilen muss es geben", sagte Schneider im Interview der Tageszeitung "Die Welt" (Mittwoch). Der Vorabdruck in "Chrismon" drei Wochen vor dem Besuch des Papstes sei aber zugegebenermaßen "nicht hilfreich". "Chrismon"-Chefredakteur Arnd Brummer hatte in der aktuellen Ausgabe des von der EKD finanzierten Magazins eine Passage aus dem neuen Buch "Unter Ketzern" abgedruckt. Über die deutliche Kritik an katholischer Kirche und Papst in dieser Passage zeigte sich der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, unlängst sehr verwundert. Dem ökumenischen Dialog sei der Beitrag nicht förderlich. Auch die Präses der Synode der EKD und "Chrismon"-Mitherausgeberin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) distanzierte sich von der Katholiken-Kritik.



In dem Essay erklärte Brummer, der vor Jahren von der katholischen zur evangelischen Kirche übertrat, Katholiken verzweifelten an den dogmatischen Verlautbarungen aus Rom. Die Streitkultur in der evangelischen Kirche sei "besser, als sich als Schaf zu fühlen und einem Oberhirten hinterherzutraben, der allein zu wissen beansprucht, wo es hingehen soll".



Schneider, der ebenfalls Mitherausgeber von "Chrismon" ist, sagte der "Welt": "Was ich von dem Buch bisher wahrgenommen habe, hat einen stark konfessorischen Charakter." Brummer beschreibe seinen Weg sehr persönlich und emotional; daraus werde ersichtlich, "dass es sich nicht um Aussagen unserer Kirche handelt".



"Papst kann nicht für alle Christen sprechen"

In dem Interview wendet sich Schneider auch gegen eine herausgehobene Stellung des Papstes innerhalb der christlichen Kirchen. "Im Ethischen wie im Theologischen gibt es ganz viele Bereiche, wo der Papst nicht für uns sprechen kann", sagte Schneider und unterstrich , zu sagen, der Papst solle für alle Christen sprechen - "das ist für mich unmöglich". Es sei Ausdruck eines bestimmten Glaubens, den Papst als Nachfolger des Apostels Petrus zu betrachten. "Dass der Papst durch jenen Rückgriff auf Petrus die eigene Identität bestimmt, nehme ich als theologische Überzeugung zur Kenntnis", sagte der rheinische Präses. Problematisch werde es, wenn aus jener Vorstellung ein Anspruch gegenüber anderen Kirchen und Gläubigen abgeleitet wird. "Man sollte auf so unsicherem Grund mit Machtansprüchen sehr vorsichtig sein", sagte der oberste Repräsentant der rund 24 Millionen Protestanten in Deutschland.



Schneider trifft bei einer ökumenischen Begegnung am Freitag nächster Woche in Erfurt mit Papst Benedikt zusammen. Das katholische Kirchenoberhaupt ist vier Tage in seiner deutschen Heimat zu Besuch.