Predigt Kardinal Meisner in der Osternacht

"Es lohnt, Christ zu sein"

Der Kölner Erzbischof Joachim Meisner hat in seiner Predigt in der Osternacht die Christen dazu aufgerufen, die Auferstehung Jesu als "wirkliche Freude" zu begreifen. domradio präsentiert die Predigt in Bild und Ton.

 (DR)

"Das Leben ist schön, es lohnt sich, Christ zu sein", betonte der Kardinal.  Oft lägen Zweifel und eine müde Freudlosigkeit über den Herzen mancher Christen, sagte Meisner. Ostern sei "der schlagende Beweis, dass Gott gehandelt hat". Jesus habe durch sein Leben den Tod besiegt.

Im österlichen Christus sei den Gläubigen die wirkliche Freude erschienen, hob Meisner hervor. "Es kommt in unserem Leben letztlich auf nichts anderes mehr an als darauf, den österlichen Christus zu sehen." Aus dieser frohen Botschaft lebe die Kirche.

Meisner äußerte sich zu Ostern auch über Darwins Evolutionstheorie. "Die Evolutionstheorie zieht die Linie des Menschen nach rückwärts aus. Sie zeigt uns ihre Funde, den Lehm, aus dem der Mensch geworden ist, und sie hämmert uns ein: Das ist der Mensch. Ja, das Bild Adams ist gefallen. Es liegt im Schmutz und wird noch immer beschmutzt", sagte Meisner. "Aber das Osterereignis zieht die Linie des Menschen nach vorwärts und weist auf unsere Zukunft hin", sagte der Erzbischof weiter.  "Ostern zeigt uns unsere Berufung, Christus hat in dieser Nacht das Bild Adams aufgehoben. Wir sind nicht mehr Schutz, wir reichen über alle kosmischen Dimensionen bis zum durchbohrten und verklärten Herzen Christi hinauf."

Aufruf zu Einsatz in Kirche und Gesellschaft  - Osterbotschaft des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode
Der Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode, hat in seiner Osterbotschaft die Christen dazu aufgerufen, sich verstärkt in Kirche und Gesellschaft einzusetzen.
In der Osternachtfeier am Samstag (22. März) im Osnabrücker Dom sagte Bode, gemäß dem Leitwort des bevorstehenden Katholikentages in Osnabrück „Du führst uns hinaus ins Weite" sollten Christen sich durch die Osterbotschaft befreien lassen zu konkretem Handeln für das Leben, besonders dort, wo es gefährdet und bedroht sei. Dies gelte von der Empfängnis im Mutterleib bis zum Sterbebett. „Wer den österlichen ‚Regen-Bogen' zwischen Erde und Himmel ‚raus' hat, legt die Hände nicht in den Schoß und lässt den lieben Gott einen ‚guten Mann' sein, sondern nimmt das Heute des Lebens mutig an", betonte Bode.

Mussinghoff: Christen sollen offen für Osterglauben eintreten
Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff hat die Christen in seiner Osterpredigt aufgerufen, angesichts politischer Konflikte für den Auferstehungsglauben einzutreten. Überall auf der Welt kämpften verschiedene Mächte gegeneinander, sagte er am Samstagabend im Aachener Dom. Auch die Weltgeschichte sei von einem «Ringen zwischen dem göttlichen Licht und der Finsternis des Bösen» geprägt. Die Osterbotschaft aber zeige, dass dieses Ringen letztlich immer für das Gute ausgehe. Denn der gekreuzigte Jesus habe sich als stärker erwiesen als die politischen und religiösen Herrscher seiner Zeit. Mussinghoff betonte, der Glaube sei «stärker als die Kräfte der Finsternis».

Die Osternacht
"Lumen Christi", wird beim Einzug der brennenden Osterkerze in die Kirche zu Be-ginn der Feier der Osternacht dreimal feierlich gesungen. Im Licht des auferstande-nen Christus steht diese ganze Nacht. Sieben Schriftlesungen aus dem Alten Testament stehen einer Epistel und dem Osterevangelium aus dem Neuen Testament gegenüber. Die alttestamentlichen Schriftlesungen dürfen jedoch nicht als Vorstufe für das Osterevangelium missverstanden werden, sie stellen uns in einem breiten Bogen vor, wer der Gott ist, der Jesus von den Toten auferweckt hat. Jeder der Texte der Osternacht enthält eine österliche Lichtspur, und die Liturgie der Osternacht lädt dazu ein, auch unser Leben vom Licht dieser Nacht bescheinen zu lassen.

Wortgottesdienst

Erste Lesung
Am Anfang - im Anfang - von Anfang an. Buchstäblich mit den ersten Worten der Bibel ist es deutlich: Gott ist ein Gott des Lebens, er ist ein Gott, der für das Leben eintritt, denn er hat Himmel und Erde geschaffen. Der Erzählung liegt mit der Tageseinteilung: "Es wurde Abend, es wurde Morgen, ein Tag, der zweite, dritte, vierte, fünfte, sechste, siebte Tag" ein klar strukturierendes Prinzip zugrunde, das anschaulich vor Augen führt, was Schöpfung wesentlich ist: Gott überwindet die Todesmächte Wüste, Finsternis und Chaoswasser durch das Schaffen von Ordnung, er setzt eine zeitliche Ordnung, er schafft Raum für alles Lebendige; alles erhält den ihm zustehenden Platz. Der Mensch erhält in dem geordneten Ganzen eine Sonderrolle: Als "Bild" Gottes soll er "herrschen" über alles, was aus Gottes Ordnung geboren ist. So wird er zum königlichen Stellvertreter Gottes mit dem Auftrag, die gute Ordnung Gottes zu nutzen - und sie zu bewahren.

Zweite Lesung
Wie kann Gott so grausam sein! Wie kann er von Abraham verlangen, seinen einzigen Sohn, den er liebt, der ihm im hohen Alter geboren ist und durch den Abraham doch zu einem mächtigen und zahlreichen Volk werden soll, zu opfern! Hier spielt sich eine Beziehungsgeschichte ab, in der beide Partner an die äußerste Grenze gehen: Der radikalen Forderung Gottes entspricht das radikale Vertrauen Abrahams. Gott fordert, aufs Ganze zu gehen, so sehr, dass es unmöglich, geradezu widersinnig erscheint. Abraham seinerseits vertraut Gott so sehr, so ganz, dass er bereit ist, seinen Sohn, seine Zukunft und letztlich sich selbst Gott zu geben, ohne zu hinterfra-gen, warum, ohne den Sinn gegen den Widersinn kennen zu müssen. "Gott wird sich das Opfer ersehen." So kann das Beziehungsverhältnis seine Leben spendende Kraft erweisen: Indem Abraham bereit ist, sein Liebstes, seine Zukunft, sich selbst ganz zu geben, erhält er sein Liebstes, seine Zukunft, sich selbst neu geschenkt, weil Gott Sorge trägt.

Dritte Lesung
Im Licht der Schöpfungserzählung erscheint die Erzählung vom Durchzug durch das Meer ebenfalls als Schöpfungsgeschichte. Zugleich wird Schöpfung um die Dimension der Rettung erweitert. Wieder bändigt Gott die Chaoswasser diesmal, um seinem Volk Raum zu schaffen gegen die unterdrückenden und todbringenden Mächte, für die der Pharao und seine Streitmacht stehen. Wieder erweist sich Gott als ein Gott, der für das Leben einsteht, und durch seine Schöpfungstat, seine Rettungstat, wird sein Volk geboren. Die Rettungstat ist eine Schöpfungstat, durch die Gott sich sein Volk schafft.

Vierte Lesung
Gott wendet sich seinem Volk wieder zu, so lautet die ermutigende und tröstende Botschaft des Propheten an die im Exil Lebenden. Und nicht nur das, Jahwe erneuert und überbietet sein Treueversprechen, das er seiner Braut Jerusalem, die er einst aus Liebe heiratete, gab. Durch die schlimme Untreue Jerusalems ist die Ehe in eine Krise geraten. Jerusalem wurde verstoßen.  Das könnte das Ende der Beziehung sein. Nicht aber wenn der Partner der Schöpfer und Erlöser ist. Darum darf der Neuanfang in der Perspektive der Verheißung gewagt werden - der Schöpfer und Erlö-ser erneuert das brüchige Fundament der Braut Jerusalem, sodass es bleibend trägt, und seine Liebe und Treue überbieten seinen Zorn um ein Tausendfaches. Für das Leben müssen wir nichts anderes tun, als uns der Liebe und Treue Gottes zu überlassen.

Fünfte Lesung  
"Jetzt sind wir quitt", die Logik von Gabe und Gegengabe, von Geld und Geltung, bestimmt unser ganzes Leben. Dementsprechend zu handeln ist klug. Gott ist mehr als "klug". Gott durchbricht diese Zusammenhänge. Wo Gott ist, herrscht nicht mehr Mangel und Berechnung, sondern Fülle: Dort gibt es genug für alle. Dies hat Jesus verkündet, und so hat er gelebt: aus der Freude, aus der Fülle. Und plötzlich gibt es Leben für alle: Zöllner und Sünderinnen, verlorene Söhne und Töchter. Der liebste Ort, an dem Jesus dieses göttliche Prinzip gefeiert hat, sind Gastmähler und Hochzeitsfeiern und nicht zuletzt das Abendmahl mit seinen Jüngern.

Die Jesaja-Lesung der heutigen Nacht weist auf dieses fröhliche und Leben schaffende Prinzip des Gottes der Bibel hin und lädt zum Mitfeiern ein: "Kommt und esst!" Dies ist zugleich die Einladung zur Feier der österlichen Eucharistie, um die Fülle Gottes und des Lebens leibhaftig zu erfahren.

Sechste Lesung
Wider besseres Wissen einen Weg verlassen, der sich bewährt hat, der Leben gelingen ließ, das bedeutet Verirrung und Tod. Israel gerät im Exil in eine solche Situation des Todes, weil es, wider besseres Wissen, den Quell der Weisheit verlassen hat. In dieser Situation trifft das Volk der Aufruf: Höre, Israel, die Gebote des Lebens; merkt auf, um Einsicht zu erlangen! Keine neuen Gebote, gefragt ist die Rückkehr zu dem einen Gott, der Schöpfer und Retter ist, dessen Weisung alles Leben, Leben für alle, entspringt. Israel weiß es längst, und durch Gottes Unterweisung kann Israel neu den Weg des Lebens gehen. Die Chance besteht immer noch. Es kommt nun alles darauf an, sie zu ergreifen!

Siebte Lesung
Auf den ersten Blick mutet die Ezechiel-Lesung im Kontext der Osternacht befremdlich und fern an. Die Rede von "Götzen" und "Entweihung des heiligen Namens" ist gewiss nicht unsere Alltagssprache. Aber schaut man auf die Grundstruktur der Aus-sage, dann gewinnt man eine neue Perspektive: Es geht um die Menschen, die sich freiwillig, ja mutwillig von ihren guten Gotteserfahrungen gelöst und in die Welt des Todes hineinbegeben haben.

Doch Gott lässt die Menschen nicht im Dunkel und im Schatten des Todes. In einer Vision zeigt er dem Propheten Ezechiel, wie er die Menschen aus dem Totenreich herausholt: Er gießt Wasser des Lebens über sie aus. So ist Ezechiels Vision eine große Deutung der Osternacht: Todeswelt und Lebenswasser erschließen uns das Geheimnis dieser Heiligen Nacht. In der Feier der Auferweckung Jesu Christi aus dem Tod feiern wir zugleich, dass Gott sich im Wasser der Taufe ein neues Volk er-schafft und sein machtvolles Tun an Jesus Christus an jedem einzelnen Gläubigen vollzieht.

Epistel
Die Auferstehung Christi ist kein "Damals", sondern ein "Heute". Dies ist die Frohbotschaft des Paulus in die heutige Nacht. Und die Taufe ist die Verknüpfung zwischen "damals" und "heute", zwischen "er" und "ich". Christus ist nicht nur seinen Tod ge-storben, sondern unseren Tod: den Tod der Krankheit und den Tod der Einsamkeit, den jähen Unfalltod und den Tod nach langem Leben, den Tod des kleinen Kindes und den Tod in der Mitte des Lebens. Und wie er unseren Tod gestorben ist, so ist seine Auferstehung unsere Hoffnung auf Auferstehung. - Das heißt Taufe: eingetaucht werden in die Wirklichkeit des Todes Christi, herausgeholt werden aus dem Wasser in das neue, unvergängliche Leben, das Gott uns schenkt.

Evangelium
Die Frauen kamen aus Treue und Liebe zum Grab Christi; aber ihnen bleibt nichts anderes übrig, als sich der Welt des Todes zu beugen. Sie wollen lernen, sich mit dem Tod Christi abzufinden, und so kommen sie, um das Grab zu besehen. Mehr ist nicht zu erwarten - nach menschlichem Ermessen. Dann aber öffnet sich die andere Dimension. Das Erdbeben spricht davon, dass die normale Welt, die Alltagswelt, die dem Tod verfallen ist, buchstäblich in ihren Grundfesten erschüttert wird. Und der Bote des Herrn kommt vom Himmel herab und bringt die Botschaft des Himmels: Der unbewegliche Stein des Todes wird weggewälzt. Der Bote bringt die Frauen zur Umkehr. Er lässt sie noch einen Blick in die Todeswelt tun: "Seht die Stelle, wo er lag", aber dann schickt er sie aus der Erstarrung des Todes in die Dynamik des Lebens: "Geht schnell zu seinen Jüngern." So werden die Frauen selbst zu Botinnen des Lebens: "Plötzlich kam er ihnen entgegen …"

(Quelle: Messbuch 2008, Butzon & Bercker Verlag)