Preise der Ökumenischen Jury bei der Berlinale 2009

Schmerzhafte Konflikte, hoffnungsvolle Lösungen

Bei den 59. Internationalen Filmfestspielen Berlin 2009 hat die Ökumenische Jury ein reichhaltiges Programm vorgefunden: überzeugende Filme, die menschliche Konfliktsituationen untersuchen, Fragen aufwerfen, aber auch Lösungen anbieten. Im Internationalen Wettbewerb konnte die Jury einen Preis und gleich zwei Lobende Erwähnungen vergeben.

 (DR)

Der Preis ging an die dänische Regisseurin Annette K. Oleson für ihren Film LILLE SOLDAT (Kleiner Soldat, Dänemark 2008). Die Jury begründete die Preisentscheidung wie folgt: "Der Film macht uns vertraut mit den Problemen einer jungen Soldatin, ihren Weg von einem Friedenseinsatz zurück in ihr Alltagsleben zu finden. Nicht zuletzt ihr gewalttätiger Vater setzt einen schmerzhaften Klärungsprozess in Gang: Geschlechterrolle, Vater-Tochter-Beziehung und Menschenhandel. Der Film bietet keine einfachen Lösungen, aber am Ende erscheint die Perspektive eines selbstbestimmtes Lebens. Zurückhaltende Anspielungen auf ihre Kriegserfahrungen verbinden die im Auslandseinsatz erfahrene Gewalt dramaturgisch und schauspielerisch überzeugend mit der verborgenen aber realen Gewalt europäischer Gesellschaften."

Lobende Erwähnungen gingen an die Filme LONDON RIVER von Rachid Bouchareb (Algerien, Frankreich, Großbritannien 2009). Der algerische Regisseur zeigt darin die Begegnung einer christlichen Mutter mit einem muslimischen Vater. In den Tagen der Londoner Bombenattentate 2005 fürchten sie um das Leben ihrer Kinder. Die Jury hob lobend hervor: "Der Film erkundet, wie wechselseitige Vorurteile überwunden werden können und wie gegenseitiger Respekt inmitten einer Tragödie entsteht."

Ganz anders geartet ist der zweite Film, der lobend erwähnt wurde: MY ONE AND ONLY von Richard Loncraine (USA 2009). Dazu sagte die Jury: "Dieses Road Movie durch die 1950er Jahre in den USA, beruhend auf einer wahren Geschichte, verbindet auf sehr intelligente Weise Humor und existentielle Fragen: wie findet man seinen Weg und was braucht man, um glücklich zu sein? Die ökumenische Jury hat die Leichtigkeit besonders geschätzt, die sich in traurigen und ausweglosen Lebensumständen als sehr belebend erweist."

In den Programmsektionen "Internationales Form des Jungen Films "und "Panorama" vergab die Jury wieder je einen Preis, der mit 2.500 € dotiert ist. Im "Forum" ging der Preis an den Film TREELESS MOUNTAIN von So Yong Kim (Südkorea 2008). "Im Fokus dieses koreanischen Films" - so die Jury in ihrer Begründung - "stehen zwei kaum schulreife Schwestern, die - von ihrer Mutter verlassen - einer alkoholkranken Tante ausgeliefert werden. Verloren in einer Welt, die ihre Verletzbarkeit übersieht, sind sie ganz auf sich selbst gestellt. Gerade weil  diese Geschichte aus der Perspektive der beiden Mädchen stimmig erzählt wird, macht er die Folgen von abwesenden Eltern, von verweigerter Verantwortung und von ökonomischer Marginalisierung besonders gut sichtbar. Dies wird aufgewogen durch die subtil dargestellte liebevolle Fürsorge der Großmutter. Geerdet in natürlichen Zusammenhängen schenkt sie den Mädchen eine höchst kostbare Gabe: ihre Zeit."

In der Sektion "Panorama" war der Preisträger der Film WELCOME von Philippe Lioret, (Frankreich 2009). Die Jury sah hier ein altes Thema künstlerisch überzeugend und mit aktuellem Bezug umgesetzt: "Der Film handelt von der Suche nach Liebe. Die Geschichte zwischen Simon und Marion scheint zu Ende, während die zwischen Bilal und Mina es nicht schafft zu beginnen. Bilal ist zu Fuß aus dem Irak gekommen, um zu Mina zu gelangen, die ihr Vater gegen ihren Willen in England verheiraten will. Bilal wird als illegaler Auswanderer in Calais festgenommen. Er nimmt Schwimmunterricht bei Simon in der verzweifelten Hoffnung, durch den Ärmelkanal zu schwimmen. Dass Simon sich für Bilal engagiert, schafft neue Perspektiven. Der französische Regisseur schafft es, in überzeugender Weise darzustellen, dass Liebe zwischen zwei Menschen nur möglich ist, wenn sie das Engagement für andere einschließt."


Die Mitglieder der Ökumenischen Jury 2009 waren:
Guido Convents (Belgien), Jes Nysten (Dänemark), Charles Martig (Schweiz, Jury-Präsident), Jolyon P. Mitchell (Grossbritannien), Joachim Valentin (Deutschland) und Waltraud Verlaguet (Frankreich).