Premiere für die gesammelten Schriften Joseph Ratzingers - Bischof Müller im Interview

Der Papst in 16 Bänden

Am Anfang standen zwei kurze Beiträge für ein theologisches Lexikon: Am 8. November 1956 unterschrieb der junge Dozent Joseph Ratzinger seinen ersten Autorenvertrag beim Verlag Herder. 52 Jahre später startet das Verlagshaus nun die Herausgabe der Gesammelten Schriften Ratzingers, des heutigen Papstes Benedikt XVI. Herausgeber ist der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller.

Autor/in:
Petr Jerabek
 (DR)

Der erste Band wird am Donnerstag auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt und kommt im November in den Buchhandel. Weitere 15 Bände sollen nach und nach folgen.

Erst "nach einigem Zögern" habe er sich für das Projekt der Gesammelten Schriften entschlossen, schreibt der Papst in seinem Vorwort zum Eröffnungsband. Mit der Herausgabe hat Benedikt XVI. den Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller beauftragt, der wie der Papst vor seiner Bischofsweihe Professor für Dogmatik war.

Zum Start Band 11
Auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes startet die Edition mit dem Band 11: "Theologie der Liturgie". "Die Liturgie der Kirche war für mich seit meiner Kindheit zentrale Wichtigkeit meines Lebens", schreibt der Papst in seinem Vorwort zur Begründung. Und sie sei auch Zentrum seines "theologischen Mühens" geworden. Das 760 Seiten starke Buch umfasst alle wichtigen Beiträge Joseph Ratzingers zu liturgischen Fragen aus einem Zeitraum von 40 Jahren. Einzelne Texte werden dabei erstmals auf Deutsch publiziert, eine 2003 in Trier gehaltene Predigt Ratzingers wird überhaupt zum ersten Mal veröffentlicht.

Schätzungsweise rund 10 000 Seiten wird die 16-bändige Gesamtausgabe umfassen. Mit ihr sollen laut Müller die Schriften des Papstes "für die Zukunft gesichert werden". Auf Wunsch des Kirchenoberhaupts erscheine die Edition unter dem Autorennamen Joseph Ratzinger, damit man "sein theologisches von seinem päpstlichen Wirken unterscheiden kann", erläutert Müller. Ausdrücklich lehramtliche Äußerungen des Papstes hätten in die Werkausgabe keinen Platz. "Vielleicht kommt dies später mal in einem Nachtrag, den wir dann noch über die 16 Bände hinaus anfügen."

Geordnet sind die Bände nicht chronologisch, sondern thematisch. Dabei stehen neben wissenschaftlichen Texten auch Lexikonartikel, Buchbesprechungen, Predigten und Meditationen. Vorbereitet werden die Bücher in "enger Zusammenarbeit mit dem Heiligen Vater" in Regensburg: Der Bischof hat dazu eigens das Institut Papst Benedikt XVI. eingerichtet, das vom Bistum getragen wird. Dort werden die Texte gesammelt und gesichtet, den einzelnen Bänden zugeordnet, die Fußnoten erstellt. "Dahinter steckt natürlich eine Riesenarbeit", sagt Müller.

Das letzte Wort hat der Papst
Das letzte Wort hat freilich der Papst. Mit ihm ist nicht nur die Gesamtkonzeption abgesprochen, auch jeder einzelne Band wird ihm vor dem Druck vorgelegt. "Das, was dann am Ende erscheint, trägt somit auch seinen Stempel", betont der Bischof.

Zur Buchvorstellung am Donnerstag reist neben Müller auch Verleger Manuel Herder nach Frankfurt am Main. Ende Oktober wird der erste Band in Regensburg feierlich dem Apostolischen Nuntius in Deutschland, Jean-Claude Périsset, überreicht. Gleichzeitig mit der deutschen Originalausgabe erscheint nach Verlagsangaben auch eine italienische Übersetzung. Eine französische Ausgabe sei in Arbeit, weitere Übersetzungen in Planung.

Die ersten beiden Lexikonartikel Ratzingers werden übrigens ein halbes Jahrhundert nach ihrer Entstehung ebenfalls in die Werkausgabe aufgenommen. "Es ist aber noch nicht ganz klar, in welchem Band", sagt ein Verlagssprecher.