PRO
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied im Juli 2014, dass das französische Verschleierungsverbot rechtmäßig sei. Die Religionsfreiheit sei nicht verletzt. Da die Verschleierung eine Barriere zwischen der Trägerin und ihrer Umwelt errichte, sei es "legitim", wenn der Staat die Voraussetzungen für ein soziales Zusammenleben wahren wolle, zitiert das Onlineportal "Migration & Bevölkerung" aus der Urteilsbegründung.
Befürworter wie die rechtsgerichtete Schweizer Initiative "Ja für ein Verhüllungsverbot" argumentieren auch mit dem Gut der Freiheit.
"Freie Menschen blicken einander ins Gesicht, wenn sie miteinander sprechen." Kein freier Mensch verhülle sein Gesicht, niemand dürfe gezwungen werden, sein Gesicht zu verhüllen. Es sei ein Grundanliegen der freiheitlichen abendländischen Gesellschaftsordnung, dass jeder Mensch mit offenem Angesicht seine Standpunkte frei äußern könne.
Zudem verstößt die Verschleierung nach Ansicht der Initiative gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau. "Dass Frauen ebenso wie Männer in der Öffentlichkeit ihr ganzes Angesicht jederzeit zeigen, ist auch ein Gebot elementarer Gleichberechtigung." Argumente, wonach es für Frauen eine Wohltat sei, durch Ganzkörper-Verhüllung vor den Blicken lüsterner Männer geschützt zu werden, seien schlicht abwegig.
Weiter wird die Sicherheit ins Feld geführt. Niemandem dürfe zugemutet werden, irgendwo Personen in Ganz-Verhüllung begegnen zu müssen, von denen nicht festgestellt werden kann, ob sie Mann oder Frau, harmlos oder gewalttätig, bewaffnet oder unbewaffnet seien.
KONTRA
Gegen ein Verhüllungsverbot argumentieren etliche islamische Verbände. Und auch Vertreter der Kirchen betonen, dass ein Verschleierungsverbot gegen das individuelle Grundrecht der freien Religionsausübung verstoßen könne: Das öffentliche Tragen religiöser Zeichen "gehört zur Religionsfreiheit und ist insofern geschützt , schreibt die katholische Schweizer Bischofskonferenz.
Der Islamische Zentralrat Schweiz führt aus, dass es sich bei dem Verhüllungsverbot "um nichts anderes als eine von der Obrigkeit erlassene Kleidervorschrift handelt, die spezifisch auf muslimische Frauen abzielt".
Das Burka- und Niqab-Verbot sei "ein massiver und unrechtmäßiger Eingriff in die persönliche Freiheit der betroffenen Frauen", argumentiert die Interessenvertretung der Muslime. Die Bewegungsfreiheit der muslimischen Frauen werde eingeschränkt. Das Verbot könne dazu führen, dass verschleierte Frauen "vollständig aus dem öffentlich Leben verbannt sind", befürchtet der Zentralrat.
Einige Gegner des Verschleierungsverbots argumentieren auch wirtschaftlich, allerdings seltener. Die Tourismusbranche befürchtetet Einbußen: Verschleierte Musliminnen aus dem Nahen und Fernen Osten könnten um Touristenhochburgen wie das Schweizer Tessin, wo das Verbot gilt, einen Bogen machen.