Die Flucht nach Europa dürfe nicht kriminalisiert werden, fordern mehr als 80 Vertreter aus Kunst, Wissenschaft und Politik in dem offenen Brief, wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag) berichtet. Geflüchtete würden an einer Ankunft in Europa "mit allen Mitteln" gehindert - auch durch unterlassene Hilfeleistung, "bewusstes Ertrinkenlassen", aber auch durch Folter und Gewalt.
In der "Kölner Erklärung für eine Politik der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit" heißt es, die Lage an den EU-Außengrenzen verschlimmere sich seit Jahren. "Ohne Zugang zu medizinischer Versorgung, Bildung, sauberem Wasser und Nahrung sterben Zehntausende an den europäischen Außengrenzen." Zu den Unterzeichnern gehören Elfriede Jelinek, Carola Rackete, Igor Levit, Robert Menasse, Saša Stanišić, Sibylle Berg, Harald Welzer, Rahel Jaeggi oder auch Jean Ziegler. Initiatoren sind der Schweizer Regisseur Milo Rau und mehrere Organisationen wie Sea-Watch, Europäisches Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) oder medico international.
"Jene, die es schaffen, europäischen Boden zu betreten, werden all ihrer Grundrechte beraubt und teilweise jahrelang in Lager gesperrt, Asylanträge werden systematisch und illegal abgelehnt", zitierte die Zeitung weiter aus dem Papier. Weiter prangern die Unterzeichner darin an: "Was aber – seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan noch einmal verschärft – vor unseren Augen passiert, sind nicht nur zufällige Menschenrechtsverletzungen, es sind geplante und strukturell in der europäischen Politik verankerte Verbrechen." Es handele sich um einen Angriff auf die Menschlichkeit. "Dabei spielen die Parlamente und Regierungen der EU und der Mitgliedstaaten eine zentrale Rolle."