Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) spricht sich für eine Reform internationaler politischer Institutionen aus, um die Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele voranzutreiben. Gebraucht werde eine effektive Architektur der "Global Governance" (des globalen Regierens), "damit Wirtschaft und Politik einen nachhaltigen, menschenrechtsbasierten Entwicklungspfad einschlagen können", schreibt der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider in der am Mittwoch in Berlin vorgestellten Schrift "Auf dem Weg der Gerechtigkeit ist Leben".
Die EKD-Kammer für nachhaltige Entwicklung beklagt darin, dass auf globaler Ebene in den vergangenen Jahren nur schwache Kompromisse erzielt worden seien. "Es besteht ein Stillstand ohne starke Akteure", konstatiert die Kammer unter Vorsitz des Grünen-Entwicklungsexperten Thilo Hoppe.
Schlagkräftig im Kampf gegen den Hunger
Die EKD verweist dabei auf die derzeitige Diskussion um eine Fortentwicklung der UN-Milleniumsziele zur Reduzierung der Armut in der Welt zu nachhaltigen Entwicklungszielen. Der Kammer-Vorsitzende Hoppe plädiert dafür, Armutsbekämpfung und internationale Klimapolitik zusammenzuführen. Zudem würden Ziele gebraucht, die für alle und nicht nur die Entwicklungsländer gelten würden.
Allerdings sieht die EKD bei der Erarbeitung und Durchsetzung der Ziele Defizite auf internationaler Ebene. Es gebe ein "Zuständigkeitsgerangel", heißt es in der Schrift. Hoppe sagte, die verschiedenen nationalen und internationalen Institutionen arbeiteten nebeneinander, teilweise gar gegeneinander. Die EKD sieht dadurch eine Gefahr für verbindliche Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele.
Für eine bessere Organisation plädiert die Schrift für ein internationales Gremium, einen "Weltrat für soziale, ökologische und wirtschaftliche Fragen", wie ihn auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) 2008 und 2009 vorgeschlagen habe. Er müsse in seiner Bedeutung dem Weltsicherheitsrat gleichkommen. Wünschenswert sei, neben den Staatenvertretern auch Vertreter anderer Organisationen, der Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Kirchen ohne Stimmrecht in die Beratungen einzubinden.
Mehr Macht für bestehenden UN-Rat statt G20
Alternativ zur Gründung dieses "Global Council" schlägt die Kammer vor, den bestehenden Weltwirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC) aufzuwerten, etwa indem er die derzeitige Gruppe der 20 Industrie und Schwellenländer (G20) ersetzt. Zudem wünscht sich die EKD, dass dieses Gremium die Einhaltung der Entwicklungsziele kontrollieren, Staaten öffentlich für Nichteinhaltung kritisieren und langfristig auch Sanktionen aussprechen kann.
Der EKD-Bevollmächtigte in Berlin und Brüssel, Martin Dutzmann, betonte, die EKD fordere damit keine "Weltregierung". Die Vorschläge der Kammer bewegten sich zwischen "realpolitischem Pragmatismus und langfristigen Visionen" für mehr Gerechtigkeit und eine Bekämpfung der Armut in der Welt.
Der Kammer für nachhaltige Entwicklung gehören insgesamt 24 Mitglieder an, darunter die ehemalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), der seit dieser Wahlperiode Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), der EKD-Umweltbeauftragte Hans Diefenbacher und die Nachhaltigkeitsexpertin Gudrun Kordecki als stellvertretende Vorsitzende. Die Schrift wurde als Studie im Auftrag des Rates der EKD erstellt. Sie soll in wenigen Tagen auch in englischer Übersetzung vorliegen, um sie Kirchen und Institutionen in anderen Ländern zur Verfügung stellen zu können.