Proteste gegen Benedikt in Hagia Sophia - Vatikan sieht Reise nicht gefährdet

Papstgegner protestieren sich schon warm

Rund 100 türkische Rechtsextremisten haben am Mittwoch in der Hagia Sophia gegen den bevorstehenden Türkei-Besuch von Papst Benedikt XVI. protestiert. Wie türkische Nachrichtensender meldeten, setzte die Polizei Knüppel und Reizgas ein, um die Aktion in dem 1.500 Jahre alten Gebäude zu beenden. Der Vatikan sieht die Papstreise in die Türkei weder durch die Besetzung der Hagia Sofia noch durch angekündigte Protest-Demonstrationen beeinträchtigt oder gefährdet.

 (DR)

Die Demonstranten, die einem ultranationalistischen Verein angehören, hatten sich als Touristen getarnt einzeln in die Hagia Sophia eingeschlichen, die heute als Museum genutzt wird. Im Inneren fanden sie sich zusammen, um zu beten und Slogans gegen den Papst-Besuch zu rufen, bis Museumswächter und Polizei intervenierten.

In der Hagia Sophia darf kein Gottesdienst mehr verrichtet werden, seit sie in den Gründungsjahren der Türkischen Republik zum Museum erklärt wurde. Zuvor war sie 900 Jahre lang als Kirche und 500 Jahre als Moschee genutzt worden. Ein Besuch in der Hagia Sophia, einer der ältesten und bedeutendsten Kirchen der Christenheit, steht auch auf dem Besuchsprogramm von Papst Benedikt XVI.

Vatikan sieht Papstreise nicht gefährdet
Der Vatikan sieht die Papstreise in die Türkei weder durch die Besetzung der Hagia Sofia noch durch angekündigte Protest-Demonstrationen beeinträchtigt oder gefährdet. Natürlich seien dies unerfreuliche Aktionen, es handele sich aber um Einzelereignisse, die man nicht überbewerten sollte, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi Journalisten in Rom. Dadurch werde weder der Wert der Reise noch die Sicherheit des Papstes beeinträchtigt.

Auch der vatikanische Sozialminister Kardinal Renato Martino wollte die Proteste nicht überbewerten. So habe es auch gegen die Visite von Johannes Paul II. im Jahr 1979 Demonstrationen gegeben, sagte Martino der Tageszeitung "La Repubblica"
(Donnerstag). Er sei sicher, dass die türkische Regierung alles tun werde, damit die Sicherheit während der Reise garantiert sei.

Am Mittwoch hatten rund 100 türkische Rechtsextremisten in der Istanbuler Hagia Sophia gegen den bevorstehenden Türkei-Besuch von Benedikt XVI. protestiert. Rund 40 Personen wurden verhaftet, die Polizei setzte Knüppel und Reizgas ein.

Papst kommt als "Pilger des Friedens"
Kurienkardinal Martino, der den Vatikan viele Jahre als Ständiger Vertreter bei der UNO in New York vertrat, betonte zugleich, Benedikt XVI. wolle mit seiner Reise den Dialog mit den orthodoxen Christen, aber auch mit dem Islam fördern. Der Papst komme als "Pilger des Friedens, offen für den Dialog und die Begegnung" nach Ankara und Istanbul.

Martino wandte sich zudem gegen den Eindruck, das Verhältnis zum Islam habe sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Auf internationaler Ebene gebe es immer wieder Beispiele guter Zusammenarbeit. Beispielsweise hätten der Vatikan und die islamischen Länder bei der UN-Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung 1994 in Kairo in vielen Bereich an einem Strang gezogen.

Ankara: Türkei will Benedikt XVI. nicht brüskieren
Papst Benedikt XVI. wird bei seinem Besuch in der Türkei nächste Woche offenbar mit dem türkischen Vize-Ministerpräsidenten Mehmet Ali Sahin zusammentreffen. Das teilte der Sprecher des türkischen Außenministeriums, Namik Tan, am Mittwoch in Ankara mit. Weil Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und Außenminister Abdullah Gül während des Papstbesuchs außer Landes seien, werde Sahin als "amtierender Ministerpräsident" mit dem Papst sprechen, so Tan.

Der Außenamtssprecher betonte, dass die türkische Regierung den Vatikan von Anfang an darauf hingewiesen habe, dass der Termin des Papst-Besuches mit dem Nato-Gipfel kollidiere und Erdogan daher im lettischen Riga sein werde. Der Vatikan habe darin kein Problem gesehen. Die Türkei habe in der Planungsphase sogar eine Verschiebung der Reise um ein oder zwei Tage vorgeschlagen, um ein Treffen zwischen Erdogan und dem Papst zu ermöglichen. Das habe der Vatikan abgelehnt.

"Besuch des Papstes hat große Bedeutung"
Der Sprecher sagte, die türkische Regierung sei sehr betrübt, dass diese Terminfragen nun mancherorts als bewusste Brüskierung des Papstes gewertet würden. "Die Türkische Republik misst dem Besuch des Papstes große Bedeutung zu", sagte Tan. "Wir werden alles tun, was wir können, um den Papst gebührend zu empfangen." Am Vortag hatten türkische Medien spekuliert, Erdogan könnte beim Rückflug aus Riga doch noch mit dem katholischen Kirchenoberhaupt zusammentreffen.

Benedikt XVI. reist von Dienstag bis Freitag kommender Woche in die Türkei. Ursprünglicher Anlass ist ein Besuch beim Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. zum orthodoxen Andreasfest. Wie "Radio Vatikan" berichtete, sollen fünf Kardinäle den Papst begleiten. Es handele sich um Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone, den Präsidenten des Rates für den interreligiösen Dialog, Kardinal Paul Poupard, "Ökumene-Minister" Kardinal Walter Kasper, den Präfekten der Ostkirchenkongregation, Kardinal Ignace Moussa Daoud, sowie den diplomatischen Krisenvermittler des Vatikan, Kardinal Roger Etchegaray.