Proteste gegen Papst-Rede halten an - Ayatollah: "Komplott für einen Kreuzzug"

Die Vorwürfe bleiben laut

Die Proteste in der islamischen Welt gegen Papst Benedikt XVI. und seine Äußerungen zum Islam halten an. Trotz der persönlichen Klarstellungen des Papstes vom Sonntag forderten muslimische Gruppen eine weiter gehende Entschuldigung.

 (DR)

Die Proteste in der islamischen Welt gegen Papst Benedikt XVI. und seine Äußerungen zum Islam halten an. Trotz der persönlichen Klarstellungen des Papstes vom Sonntag forderten muslimische Gruppen eine weiter gehende Entschuldigung. In Gaza und Nablus wurden Brandbomben auf christliche Kirchen geworfen. Nach Anschlagsdrohungen im Internet wurden die Sicherheitsvorkehrungen für Kirchen und kirchliche Einrichtungen in Italien verschärft. Am Mittwoch wird von Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz eine weitere Stellungnahme erwartet. Web-TV

Kasper: Islam erkennt Religionsfreiheit nicht an
Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone kündigte eine diplomatische Initiative an, bei der die Botschafter des Vatikan in muslimischen Staaten die Dialogbotschaft der Papstrede erläutern und Missverständnisse ausräumen sollten. Deutsche Politiker und Kirchenvertreter stellten sich erneut hinter den Papst, der für den Dialog der Religionen eintrete. Die EU-Kommission forderte, die Zitate der Papstrede nicht aus dem Zusammenhang zu reißen.

Unterdessen warnte der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper vor zu hohen Erwartungen an den interreligiösen Dialog. Der Islam verstehe sich als dem Christentum überlegen und verhalte sich bisher nur dort tolerant, wo er in der Minderheit sei, sagte der Präsident des Päpstlichen Einheitsrats dem "Spiegel". "Wo er die Mehrheit hat, kennt er keine Religionsfreiheit in unserem Sinn." Die muslimische Kultur habe bisher keinen Zugang zu westlichen Werten wie den Menschenrechten oder der Gleichberechtigung der Frau gefunden, betonte der vatikanische "Ökumeneminister".

In Palästina brennen Kirchen
Im angespannten Nahen Osten reagierten einige Muslime mit Gewalt auf die Worte des Papstes. In Gaza und Nablus wurden Brandbomben auf christliche Kirchen geworfen. Die muslimische Gemeinschaft reagiert empfindlich auf die westliche Welt. Die Äußerungen des Papstes hätten die Wunden aus dem Karikaturenstreit wieder aufgerissen, beschreibt Nahost-Korrespondent Johannes Zang. Für den kommenden Freitag befürchtet er neue Übergriffe auf christliche Gemeinden im Nahen Osten.

Neue Drohung gegen Christen in Gaza
Am Dienstagnachmittag ging bei der palästinensischen Nachrichtenagentur "Ramattan" in Gaza eine neue Drohung gegen Christen ein. Absender sei die bislang unbekannte Gruppe "El-Madi-Armee". "An jedem Ort, wo sich Christen befinden, auch in ihren Kirchen, ihren Einrichtungen und ihren Wohnungen" drohe Gefahr, "solange sich der Papst nicht für die beleidigenden Worte gegen den Propheten Mohammed entschuldigt", zitierte die Agentur.

Die Islamisten kündigen zudem an, jene mit "eiserner Faust" zu treffen, die Christen verteidigten. Sie bezogen sich damit etwa auf palästinensische Sicherheitskräfte, die nach Anschlägen auf mehrere Kirchen am Wochenende christliche Einrichtungen in den Palästinensergebieten schützten.

Proteste in Indien, Pakistan und Indonesien
Dennoch kam es in Indien, Pakistan und Indonesien auch am Montag zu Protesten. Im Golfstaat Katar rief der einflussreiche Muslim-Führer Jusuf el Karadawi für den Freitag zu einem "Tag des friedlichen Zorns" auf. Im Fernsehsender "El Dschasira" mahnte er, die Proteste müssten gewaltfrei bleiben. In einer dem Terrornetzwerk El Kaida zugeschriebenen Interneterklärung wurde dem Papst direkt gedroht. "Wir sagen dem Diener des Kreuzes: Warte auf die Niederlage". Die palästinensische Hamas betonte, die Klarstellungen des Papstes könnten nicht als Entschuldigung verstanden werden.

Deutsche Kirchenvertreter verlangten eine Fortsetzung des Dialogs zwischen Muslimen und Christen. Dazu seien "Kontakte von Nachbar zu Nachbar, von Kirchengemeinde zu Moschee, von Verein zu Verein" notwendig, sagte der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke der "Bild"-Zeitung. Jaschke leitet die Unterkommission der Deutschen Bischofskonferenz für den interreligiösen Dialog. Mit seiner Klarstellung vom Wochenende habe Benedikt XVI. Größe gezeigt. "Er hat sich aber nicht entschuldigt für das, was er gesagt hat, sondern dafür, wie es verstanden werden konnte."

Türkei: Planungen für Papstbesuch gehen weiter
Der Kölner Kardinal Joachim Meisner rief die führenden Vertreter des Islam dazu auf, "die ausgestreckten Hände" zu ergreifen und nicht als "geballte Fäuste" misszuverstehen. Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) wies Forderungen nach Entschuldigungen zurück. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) zeigte sich unterdessen besorgt, dass es während des am 24. September beginnenden islamischen Fastenmonats Ramadan zu Übergriffen gegen Christen kommen könne.

Unterdessen setzten die katholischen Bischöfe in der Türkei ihre Planungen für den Papstbesuch Ende November fort. Es gebe gerade mit Blick auf die Klarstellungen aus dem Vatikan keinen Grund, dass der Papst nicht vom 28. November bis 1. Dezember an den Bosporus reisen könne, hieß es am Montag von Seiten der Bischofskonferenz. Die Äußerungen des Papstes waren in der Türkei auf breite Kritik gestoßen, doch stellte die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan klar, dass sie an der geplanten Papst-Reise festhalten wolle.

Während seines Bayernbesuchs hatte der Papst in Regensburg einen mittelalterlichen Kaiser zitiert, wonach der Prophet Mohammed der Welt nur "Schlechtes und Inhumanes" gebracht habe. Dies wird von Muslimen als Beleidigung des Propheten verstanden. Benedikt XVI. hatte am Sonntag in außergewöhnlicher Form persönlich klargestellt, dass das kritisierte Zitat nicht seine Meinung widergebe.
(dr, KNA)