Barbarin muss sich seit Montag zusammen mit sechs anderen Geistlichen für die Nichtanzeige sexueller Übergriffe in den 70er Jahren vor Gericht verantworten. Am Montag hatte Barbarin drei Stunden lang die Fragen der Richter beantwortet. Er sagte, er habe nie versucht etwas zu vertuschen. "Ich habe niemals den sexuellen Missbrauch gedeckt, der von einem Priester begangen wurde", so Barbarin.
Am Mittwoch sagten mehrere Opfer im Gericht aus. "Ich bin nicht aus Rache hier, sondern damit diese Personen der Kirche mein Leid sehen", wird Christian Burdet (53) zitiert. Der mittlerweile dreifache Vater soll im Alter von elf Jahren missbraucht worden sein. "Diese Personen der Kirche hätten mein Leid abkürzen können, wenn sie die Taten aufgedeckt hätten", so Burdet. Er frage sich, wie sein sexuelles, berufliches und spirituelles Leben ohne den Missbrauch ausgesehen hätte.
Scharfe Angriffe gegen Barbarin
Barbarin verfolgte die Aussagen auf der Anklagebank. Dabei machte er sich Notizen. Opferanwalt Jean Boudot nutzte seine Aussage für scharfe Angriffe gegen den Kardinal. Barbarins Verteidigung sei "eitel und falsch", so Boudot. "Sie sind ein Lügner, wenn Sie sagen, Sie haben erst 2014 von diesen Vergehen erfahren", sagte er.
Den Beschuldigten könnte eine Haft- und oder Geldstrafe drohen. Den Opfern kann in dem Prozess eine Entschädigung zugesprochen werden. Bereits zwei Bischöfe wurden in Frankreich 2001 und 2018 für die Nichtanzeige von Übergriffen zu Bewährungsstrafen verurteilt. Nach intensiven Debatten wurden die Anhörungen bis Donnerstag verlängert; ursprünglich hätten sie am Mittwoch enden sollen. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung werden noch ihr Plädoyer vortragen. Das Urteil wird in einigen Wochen erwartet.