Prozess gegen Priester wegen sexueller Nötigung geht zu Ende

Entscheidung erwartet

Sechs Tage hat das Landgericht Saarbrücken gegen einen Priester wegen sexueller Nötigung bislang verhandelt. Nun stehen die Schlussplädoyers auf dem Programm, der Vorsitzende Richter stellte auch eine Entscheidung in Aussicht.

Autor/in:
Anna Fries
Richterhammer / © Lana U (shutterstock)

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 69-jährigen Angeklagten vor, 1997 in seinem Pfarrhaus im Saarland einen 14-Jährigen sexuell genötigt zu haben. Er bestreitet das. Die Vernehmungen einiger Zeugen scheinen indes die Anklage zu stützen.

Auch kirchliches Strafverfahren

In der Vergangenheit ermittelte die Staatsanwaltschaft bereits mehrfach wegen ähnlicher Vorwürfe gegen den Mann, stellte die Verfahren aber wegen Verjährung oder fehlender Nachweise ein. Auch die Kirche beschäftigt sich mit Vorwürfen gegen den Priester, der seit 2015 im Ruhestand ist. Seit 2018 läuft unabhängig von dem staatlichen Verfahren ein kirchliches Strafverfahren gegen ihn.

Vor dem Landgericht geht es um den konkreten Vorwurf des Nebenklägers. Die vorgebliche Tat liegt 26 Jahre zurück. Gerüchte über Missbrauchsvorwürfe gegen den Angeklagten sollen in der Gemeinde des Priesters kursiert sein, nachdem ein anderer mutmaßlicher Betroffener den Priester 2006 angezeigt hatte. Eine Herausforderung im Prozess: Vielfach berichteten die Zeugen von lange zurückliegenden Gesprächen und Erlebtem.

Beschuldigter weist Anschuldigungen zurück

Zum Prozessauftakt wies der Beschuldigte die Anschuldigung erneut zurück, verbunden mit der Einschätzung, das Verfahren werde das bestätigen. Ansonsten sagte er wenig. Meist sitzt er, bekleidet mit weißem Hemd, schwarzem Pulli und grauem Sakko, leicht zurückgelehnt auf seinem Stuhl und beobachtet die Zeugen. Hin und wieder scheint ihn eine Aussage zu ärgern, er schüttelt den Kopf, notiert sich etwas. Mehrfach nannte er Anschuldigungen unbegründet.

Kein gutes Licht

Symbolbild Kindesmissbrauch, sexuelle Gewalt, sexueller Missbrauch / © Dennis Steen (shutterstock)
Symbolbild Kindesmissbrauch, sexuelle Gewalt, sexueller Missbrauch / © Dennis Steen ( shutterstock )

Dabei werfen einige Zeugenaussagen kein gutes Licht auf ihn. Der Nebenkläger und ein weiterer Zeuge schilderten nichtöffentlich mutmaßliche sexuelle Übergriffe. Andere berichteten öffentlich davon. Die Berichte ähneln sich. Mehrfach ist von privaten Urlauben mit dem Angeklagten die Rede, von Übergriffen im Pfarrhaus, im Urlaub oder in Ferienfreizeiten. Der Beschuldigte soll die damaligen Jugendlichen im Intimbereich angefasst und teilweise ihre Hände in seinen Intimbereich geführt haben. Ein Zeuge berichtete von einer längeren sexuellen Beziehung zum Angeklagten als 18-Jähriger, die er rückblickend als Folge eines Machtgefälles ansieht. 

Darüber gesprochen hat demnach kaum einer der Jungen, manche zogen als Erwachsene andere ins Vertrauen. Schock und Scham seien zu groß gewesen, das Ansehen des beliebten Pastors groß, von Wut auf sich selbst erzählen manche, und fast jeder äußerte sich überzeugt, dass ihm niemand geglaubt hätte. Die Aussagen der mutmaßlichen anderen Betroffenen sollen dem Gericht bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit des vom Nebenkläger erhobenen Vorwurfs  helfen.

Freunde und Familie glauben an Unschuld

Am Mittwoch sagten nun auch Freunde und der Bruder des Angeklagten aus. Sie zeigten sich von der Unschuld des Mannes überzeugt und halten jegliche Missbrauchsvorwürfe für unglaubwürdig. Einige zweifelten die Angaben des Nebenklägers an und führten als Begründung unter anderem eine Freundschaft der Männer als Erwachsene an. Sie sollen als Erwachsene noch lange befreundet, der Beschuldigte eine Art Mentor für den Nebenkläger, der heute selbst Priester ist, gewesen sein.

Trierer Bischof nahm Stellung

Bischof Stefan Ackermann / © Harald Tittel (dpa)
Bischof Stefan Ackermann / © Harald Tittel ( dpa )

Auch prominente Kirchenvertreter kamen in der vergangenen Woche zu Wort. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann ging insbesondere auf die Umstände der Beurlaubung des Mannes 2015 ein. Er berichtete von «Ungehorsam» des Angeklagten, der etwa nicht an Präventionsschulungen teilgenommen habe und der trotz anderslautender Anweisung mit Jugendlichen privat in Urlaub gefahren sein soll. Der Bischof ging auch auf die kirchlichen Ermittlungen ein - und räumte Fehler nach einer Anzeige gegen den Beschuldigten 2006 ein.

Angeklagter war Vertrauensperson

Deutlich wurde in dem Prozess: Der Beschuldigte galt offenbar für viele als Respekts- und Vertrauensperson. Viele mutmaßliche Betroffene berichten von schwierigen Familienverhältnissen oder einem Bedürfnis nach Halt und Orientierung als Jugendliche. Gefunden haben sie dagegen nach eigener Einschätzung anderes: neben übergriffigem Verhalten seelische Manipulationen und Drohungen.

Anwalt des Beschuldigten ist der Kirchenrechts-Spezialist Christoph Lerg. Sollte sein Mandant für schuldig befunden werden, ist eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren möglich.

Quelle:
KNA