Kardinal Barbarin arbeitet Vertuschungsprozess im Buch auf

Prozesse und vorzeitiges Ende der Amtszeit

Der frühere Lyoner Erzbischof, Kardinal Philippe Barbarin, hat die mehrjährigen Prozesse wegen angeblicher Vertuschung von Missbrauchsfällen und das vorzeitige Ende seiner Amtszeit in einem Buch aufgearbeitet.

Kardinal Philippe Barbarin / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)

"En mon ame et conscience" (In meiner Seele und meinem Gewissen) erschien am Donnerstag im französischen Buchhandel. Er beginne seine Gebete stets mit den Namen der damaligen Missbrauchsopfer, sagte Barbarin im Interview der Zeitung "La Croix" (online Donnerstagabend). 

Er sei im Sinne der Anklagen unschuldig, beteuerte er wie bereits während der Prozesse und nach seinem Freispruch im Januar; aber er räumte auch Versäumnisse ein. Heute sei der Umgang mit jedem Fall von sexuellem Missbrauch ganz klar geregelt, so der Kardinal.

Folgen der Prozesse

Barbarin sagte weiter, er leide darunter, durch die Prozesse zu einem öffentlichen "Symbol für Pädophilie" geworden zu sein. Solche Anfeindungen träfen den weniger prominenten Missbrauchstäter selbst, den Priester Bernard Preynat, weniger. Dieser müsse sich nicht auf der Straße ansprechen oder anspucken lassen. Preynat müsse endlich öffentlich um Entschuldigung bitten. Die Opfer litten seit Jahrzehnten, viel länger als er selbst.

Der Kardinal berichtete, er lebe nun in einem bretonischen Dorf in der Nähe von Rennes mit 140 Einwohnern, feiere die Messe als Hausgeistlicher mit dortigen Ordensfrauen. Sein neues Leben ermögliche ihm wieder mehr Zeit zum Studium und zum Schreiben. Das Buch, das aber keine neuen Enthüllungen enthält, verfasste er während einer gut dreimonatigen Zeit des Rückzugs in Jerusalem.

Rücktritt als Erzbischof

Im März war Barbarin von seinem Amt als Erzbischof zurückgetreten. Ein französisches Berufungsgericht hatte ihn im Januar vom Vorwurf der Nichtanzeige sexuellen Missbrauchs freigesprochen. Dennoch stellte er sein Amt zur Verfügung, um dem Erzbistum Lyon die Gelegenheit zu geben, ein neues Kapitel zu beginnen, wie der Kardinal damals erklärte.

Barbarin, der in zwei Wochen 70 Jahre alt wird, ist einer von sechs französischen Kardinälen und führte als Erzbischof von Lyon auch den Ehrentitel des Primas von Gallien. Der Bischofsstuhl von Lyon ist noch vakant. 

Auf die Nachfolge hat sich die Theologin Anne Soupa (73) beworben. Sie argumentiert, das Erzbistum Lyon habe zuletzt viel unter den Skandalen sexuellen Missbrauchs und klerikaler Abschottung gelitten. Es gelte zu beweisen, dass nicht nur Männer die Botschaft Jesu auf hohem Niveau verkünden könnten.

Kardinal Philippe Barbarin

Kardinal Philippe Barbarin war seit 2002 Erzbischof von Lyon. Damit trug er zugleich den seit 1079 bestehenden historischen Ehrentitel "Primas von Gallien". Philippe Xavier Christian Ignace Marie Barbarin wurde am 17. Oktober 1950 im marokkanischen Rabat geboren und nach dem Studium der Philosophie und Theologie im Großraum Paris 1977 zum Priester geweiht. Danach arbeitete er zunächst in Pariser Vorortgemeinden und auf Madagaskar. 1998 wurde er zum Bischof von Moulins in Zentralfrankreich ernannt.

Kardinal Philippe Barbarin (m.) / © Jean-Mathieu Gautier (KNA)