Public Viewing im Jugendpastoralen Zentrum CRUX

Kein Gott für schnellere Beine

Leinwand, Stimmung, Deutschland-Trikot: Von außen ist das Public Viewing im Kölner jugendpastoralen Zentrum CRUX wie jedes andere. Doch dort werden auch ganz besondere Akzente gesetzt.

Public Viewing im CRUX / © CRUX
Public Viewing im CRUX / © CRUX

Wer im CRUX vor der Treppe steht, sieht es ganz deutlich: Hier stehen Sprüche von Fußballspielern und Bibelzitate direkt nebeneinander – und ergänzen sich an vielen Stellen. So heißt es etwa im Buch Kohelet: "Nicht den Schnellen gehört im Wettlauf der Sieg, nicht den Tapferen der Sieg im Kampf, auch nicht den Gebildeten die Nahrung, auch nicht den Klugen der Reichtum, auch nicht den Könnern der Beifall, sondern jeden treffen Zufall und Zeit." (Koh 9,11)

Dieser Gedanke spiegelt sich auch in der Stimmung beim Public Viewing wieder, sagt Kristell Köhler vom CRUX: "Auch bei einer Niederlage versinken wir nicht in Frustration", sagt sie, "denn wir haben ja eine Hoffnung für unser Leben: Gott. Deshalb ist hier auch Stimmung, wenn Deutschland verliert."

Mannschaftsgeist auch beim Zugucken

Auch die, die "nur" zugucken, sollen sich als Mannschaft verstehen – deshalb sind die Jugendlichen auch von Anfang an in die Organisation des Public-Viewings integriert. Sie haben auch selbst eine Speisekarte aufgestellt: "Wir machen hier sogar die Currysauce selbst", so Köhler.

Auch das Spiel selbst fassen die Fußballfans ganz mannschaftlich auf: "Das ist nicht das Wichtigste auf der Welt – ein sportlicher Wettkampf und kein Kriegszustand." Deshalb ist im CRUX auch jeder willkommen, unabhängig von Hautfarbe, Herkunft oder Behinderung. "Wir haben ein Wohnheim mit afrikanischen, muslimischen Mädchen hier um die Ecke", erzählt Kristell Köhler, "die sind auch immer herzliche eingeladen." Bei der WM vor zwei Jahren waren immer wieder ein paar Mädchen vor Ort. "Als Deutschland gegen Ghana gespielt hat, hatten wir dann auch immer ordentlich Torjubel für die Ghanesen."

Für die stilleren Momente ist die Kirche St. Johann Baptist die ganze Zeit geöffnet, auch Seelsorger sind für Gespräche immer zur Stelle. "Da geht es dann auch um Alltagsfragen – oder um den Glauben", weiß Kristell Köhler.

Beten für den Sieg? Nein, Danke.

Für den Sieg der Deutschen Mannschaft beten die Jugendlichen aber nicht – mit Absicht, sagt Köhler: "Wir glauben nicht an einen Gott, der den Deutschen schnellere Beine verleiht." Gott lasse sich nicht instrumentalisieren.

Bleibt natürlich am Ende die Frage, inwieweit ein Zuschauer das Spiel wirklich beeinflussen möchte – denn an der Treppe im "Crux" steht auch dieses Zitat aus dem Buch Ezechiel: "Sie konnten nach allen vier Seiten laufen und änderten beim Laufen ihre Richtung nicht." (Ez 1,17)


Quelle:
DR