Publizist hält "christliches Abendland" für ein Trugbild

Nicht tauglich

Das Schlagwort vom "christlichen Abendland" taugt nach Ansicht des Publizisten Manfred Becker-Huberti wenig für die aktuelle politische Debatte. "Es beschreibt eine Chimäre, die es nie gegeben hat", sagt der katholische Brauchtumsexperte.

Manfred Becker-Huberti / © privat
Manfred Becker-Huberti / © privat

In einem Interview des Deutschlandfunks sagte Becker-Huberti, "christlich" könne man das Abendland frühestens nach Karl dem Großen nennen. Und selbst dann seien damit nur einige Teile des Abendlandes erfasst, nämlich die ehemaligen römischen Westprovinzen, betonte Becker-Huberti.

Zudem sei es mit der "einheitlichen Christlichkeit" schnell dahin gewesen, so der Publizist unter Verweis auf Bewegungen wie die Hussiten und Albigenser im Mittelalter, die Reformation oder die Aufklärung und die Französische Revolution. Ihm erscheine der Rückgriff auf die Formel Teil eines Bedürfnisses zu sein, sich gegen eine Gruppe abzugrenzen.

Nicht christlich "verbrämen"

Grundsätzlich sei eine Abgrenzung legitim, "so lange sie dann den Ausgegrenzten nicht vor die Türe setzt", so Becker-Huberti weiter mit Blick auf die aktuellen Debatten über Flüchtlinge und Zuwanderer. "Ich kann schon überlegen, wofür ich eintrete oder wofür ich bin." Das seien in diesem Fall aber weniger die christlichen Werte als abendländische Konventionen, "die sich bei uns durchgesetzt haben und die zum Teil auf die Aufklärung und die Französische Revolution zurückgehen. Die kann ich jetzt nicht christlich verbrämen."

Christen müssten sich eigentlich schon aus ihrem Glauben heraus gegen Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit im Stile von Pegida und Co. stellen, sagte der Brauchtumsforscher. In der Bibel werde der Fremde wie der Pilger behandelt. "Das ist einer, der vorbeikommt und der aufgenommen werden muss wie ein Verwandter, wie ein Freund. Diese Auffassung stammt schon aus dem Alten Testament - ist also jüdisch-christlich und von daher ist eine Ausgrenzung völlig daneben für einen Christen."


Quelle:
KNA