Rauhnächte und ihre Traditionen

Von Hexen, Perchten und Dämonen

Nach den Weihnachtsfeiertagen beginnen die Rauhnächte. Wilde Gestalten ziehen umher oder verkleidete Kinder und Jugendliche verbreiten die frohe Botschaft. Viele alte Bräuche halten sich bis heute. So wie die Angst vor bösen Geistern.

Autor/in:
Melanie Trimborn
In den Rauhnächten wird Haus und Hof mit Weihrauch ausgeräuchert / © HETIZIA (shutterstock)
In den Rauhnächten wird Haus und Hof mit Weihrauch ausgeräuchert / © HETIZIA ( shutterstock )

Aus dem winterlichen Nebel treten gruselige Gestalten mit großen Zähnen, Hörnern, hässlichen Zinken und herausgestreckten Zungen hervor. Es sind Gesichter, die die schlimmsten Ängste der Menschen widerspiegeln. Mit Glocken und Lärm ziehen sie durch die süddeutschen Lande. Denn nach den harmonischen und mit Kerzen und warmen Licht begangenen Weihnachtstagen beginnt die Zeit der Hexen, Perchten und Dämonen – auch genannt: die Rauhnächte.

Rauhnächte oder "Zeit der Zwölften" werden die Tage "zwischen den Jahren" – also: von Christi Geburt bis Dreikönig am 6. Januar – genannt. Im alten Volksglauben boten diese Tage Platz für mancherlei Dämonen. Eine Zeit, die Gefahr für Menschen und Tier zu sein schien. "Die Tage sind eine Nahtstelle und die sind gefährlich. Wir befinden uns in der Kante des Alten in das Neue Jahr", so erklärte Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti diese Angst vor den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr. Manche sprechen von einer symbolischen besonders engen Verbindung zwischen Diesseits und Jenseits. Nicht umsonst spreche man auch von Rutschen. Da sei auch die Gefahr von "Abrutschen."

Glaube an Geister

Der Glaube an böse Geister ist seit dem Urbeginn der Menschheit lebendig. Berichte von übernatürlichen Präsenzen gab es zu allen Zeiten und in allen Kulturen. Auch heute noch. Etwa berichtete der Bergsteiger Reinhold Messner, wie er bei einer schwierigen Bergtour mit seinem Bruder in den 1970ern eine dritte Person sehen konnte. Wissenschaftler erklären es zwar heute mit Tricksereien des Gehirns, trotzdem sind die Ängste noch immer da.

In den sehr katholisch geprägten Regionen Bayern und Österreich begannen die Zwölften bereits am Thomastag, dem 21. Dezember, dem kürzesten Tag des Jahres. Man wollte sich endlich der dunklen Wintergeister erwehren. Dafür entwickelten sich ganz unterschiedliche Traditionen, die meist heidnischen Bräuchen entsprangen.

Die haarigen Gesellen

Da mit den Begriffen "rau und "Rauch" mundartlich alles Wilde, Haarige verknüpft wird, hüllten sich die Teilnehmer der Perchtenläufe in tierische Felle. Diese sollten magische Kräfte besitzen. Kostümiert mit hässlichen Masken und den Fellen, zogen die haarigen Gesellen durch die kleinen Ortschaften und erschreckten die Leute. Sie prüften in vergangenen Jahrhunderten noch die Arbeit der Mägde und arbeitenden Bürger. Während der Rauhnächte herrschten bestimmte Arbeitsverbote: Man durfte nicht spinnen, düngen, waschen oder backen, wollte man Drud und Hex nicht ungnädig stimmen. Die Maskenträger steigerten in einigen Umzügen den Angstfaktor, indem sie mit Klappergeräuschen die Sprache der Geister nachahmten.

Besonders wirksam sollten aber auch die  "Zwölferbesen" sein. Die aus Reisig gebundenen Feger sollten auch eine besondere Zauberkraft besitzen. Die Erklärung: Sie waren den Hexen abhanden gekommen und wurden zum Guten. Sie heilten krankes Vieh und hatten den Ruf, saure Milch wieder genießbar zu machen.

Abwehrzauber sollten helfen

Helfen sollten in manchen Gebieten aber auch sogenannte Abwehrzauber. "Glück herein, Unglück hinaus!", mit diesem und ähnlichen Sprüchen schützten die Bauern ihren Hof und Stall. Die Schlafkammer räucherten sie aus. Der Rauch sollte alles Unglück und jede Krankheit ausrotten. Man deckte die Brunnen ab, sperrte das Vieh in den Stall, verschloss das Haus, verklebte Schlüssellöcher und hütete sich davor, irgendetwas zu verleihen, um sich nicht mit dem weggegebenen Gegenstand zugleich einer fremden Macht auszuliefern.

Aber auch in der katholischen Tradition wird, etwa im oberbayerischen Berchtesgadener Land, der Brauch als Klöcklsingen gepflegt. Als Hirten verkleidete Kinder und Jugendliche wandern in den Zwölf Nächten vor Weihnachten von Haus zu Haus, klopfen an Haustüren, singen Lieder und sagen Gedichte mit Bezug zum nahenden Heiligen Abend im heimischen Dialekt – um auf diese Weise die Menschen "aufzuwecken", Christi Geburt anzukündigen.

Die Nacht vor Dreikönig war nicht nur die letzte, sondern auch die belebteste, gefährlichste und am meisten gefürchtete aller Rauhnächte. Das Totenheer, König Herodes, Bercht und Holle, Teufel, Geister und Hexen tobten noch einmal unbändig durch die Finsternis, bevor sie als Verkörperung des Bösen und des Winters ihre Wirkung verloren.

 

Quelle:
DR