Reaktionen auf den Wahlsieg Hollandes

Gespaltenes Religionslager

Katholiken in Frankreich hätten sich eine zweite Amtszeit für Nicolas Sarkozy gewünscht, Muslime nicht. Beides war schon vor dem Urnengang klar. Bei Religionsvertretern hat die Wahl des Sozialisten Francois Hollande zum Staatspräsidenten entsprechend unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen.

 (DR)

Die Französische Bischofskonferenz forderte Hollande in einem Interview mit "Radio Vatikan" auf, sich für die Einheit des Landes einzusetzen. Diese sei gegenwärtig gefährdet, sagte der Sprecher der Bischofskonferenz, Bernard Podvin. Der neue Präsident müsse das Staatoberhaupt aller Franzosen sein.



Die sozialistischen Wahlsieger rief er auf, den geringen Abstand zwischen den Kandidaten zu berücksichtigen. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass die Gespräche zwischen den Religionen und den staatlichen Stellen auch künftig so "frei und offen" wie unter dem scheidenden Präsidenten Nicolas Sarkozy verlaufen.



Hollande, hatte sich am Sonntag mit 51,62 Prozent der Stimmen gegen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy durchgesetzt. Nach einer von der katholischen Wochenzeitung "La Vie" in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage stimmten 79 Prozent der regelmäßigen katholischen Kirchgänger bei der Stichwahl für Sarkozy. Auf Hollande entfielen in dieser Wählergruppe demnach lediglich 21 Prozent. Die praktizierenden Katholiken repräsentieren laut der Zeitschrift etwa 15 Prozent der französischen Bevölkerung.



Muslime mehrheitlich gegen Sarkozy

Von den wahlberechtigten Muslimen stimmten dagegen laut "La Vie" 93 Prozent für Hollande. Die Analysten werteten dies vor allem als eine Abwahl Sarkozys, der diese Wählergruppe mehrfach mit Aussagen zum Islam und zu Einwanderung verärgert habe.



Der Sprecher der Bischofskonferenz Podvin kritisierte ferner eine unzureichende Auseinandersetzung mit sozialen und außenpolitischen Themen im Präsidentschaftswahlkampf. Es sei bedauerlich, dass grundlegende Fragen wie der soziale Zusammenhalt der Gesellschaft, der Lebensschutz oder der Umgang mit Behinderten im Wahlkampf nicht zur Sprache gekommen seien.



Der Europäische Jüdische Kongress (EJC) gratulierte Hollande zu seinem Wahlsieg. EJC-Präsident Mosche Kantor betonte, in der neuen französischen Führung habe man ein "wohlwollendes Ohr". Zugleich würdigte er die Arbeit des scheidenden Amtsinhabers. Nicolas Sarkozy habe nicht nur Vieles für Frankreich geleistet, sondern sich auch für die jüdische Gemeinschaft eingesetzt. Kantor dankte Sarkozy besonders für dessen "Freundschaft und Solidarität" nach den Terroranschlägen von Toulouse im März.