Reaktionen zu Urteil gegen Ettaler Benediktiner

Reicht Strafe auf Bewährung?

Der Verein Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer hat das am Mittwoch erfolgte Urteil des Landgerichts München II gegen den Benediktinerpater G. kritisiert. Auch der Ettaler Abt äußerte Zweifel am Strafmaß auf Bewährung.

Urteil im Ettal-Prozess (dpa)
Urteil im Ettal-Prozess / ( dpa )

 "Wir sind der Meinung, dass eine Strafe auf Bewährung keine Strafe ist", heißt es in einer auf der Internetseite des Vereins veröffentlichten Erklärung. Alle Erzieher und Leitenden, die Kinder und Jugendliche betreuten, bräuchten ein klares Signal, dass Übergriffe unter keinen Umständen toleriert würden.

Der Ettaler Abt Barnabas Bögle erklärte am selben Tag, "ob das Strafmaß des Urteils unserem Gerechtigkeitsempfinden entspricht, kann man in der Tat bezweifeln". Das Mitgefühl des Ordens gelte besonders den Betroffenen, weil sie durch die Unehrlichkeit des Paters so lange auf ein Urteil hätten warten müssen. Auch im Kloster bleibe eine "große und tiefe Verbitterung". Letztlich sei auch die Gemeinschaft zehn Jahre lang "bewusst und vorsätzlich belogen" worden.

Als 2005 die ersten Vorwürfe bekanntgeworden seien, "haben wir nach Befragung der Schüler, nach Informationen bei der Polizei und unserem Rechtsanwalt Pater G. sofort aus dem Internat herausgenommen", so der Abt. Dabei sei damals nicht von einem Missbrauch die Rede gewesen.

Nun wird kirchliches Strafverfahren eröffnet

Auch ein forensisches Gutachten sei entsprechend den damaligen Richtlinien erstellt worden. "Hätte uns Pater G. damals schon die ganze Wahrheit gesagt, wäre den Betroffenen viel erspart geblieben." Der Abt kündigte an, dass nach dem Urteil nun das kirchliche Strafverfahren eröffnet werde.

Der 44-jährige Ettaler Ordensmann war wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen in 21 Fällen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden. Vorausgegangen war ein spätes Geständnis des Benediktiners. Mildernd wirkte sich die Bereitschaft des Täters aus, dem Nebenkläger im Rahmen eines Vergleichs einen Schadensersatz in Höhe von 1.500 Euro zu zahlen. Die Haftstrafe wurde für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt. In dieser Zeit muss sich Pater G. einer ambulanten Sexualtherapie unterziehen, die er nicht ohne Zustimmung des Gerichts abbrechen darf.

Schwierige Aufklärung

Nach Ansicht des Opfervereins zeigt der Prozess, dass die Aufdeckung sexueller Straftaten sehr schwierig ist. Die Täter bänden die Kinder emotional, die Betroffenen erzählten nichts und die Verantwortlichen in der Einrichtung könnten nur wenige verdächtige Anzeichen wahrnehmen. Es sei viel Zivilcourage notwendig, um einen Täter aufzuspüren und aufgrund weniger Verdachtsmomente aus einer Einrichtung zu entfernen. Werde ein Täter bestraft, sei die Strafe zehn Jahre nach Verbüßung wieder aus dem erweiterten Führungszeugnis entfernt.

Nachdenklich kommentierte der Verein die Aussage der heute noch unter 30 Jahre alten Opferzeugen, sie seien durch die Übergriffe an Körper und Seele nicht verletzt worden. "Als wir so alt waren, dachten wir auch, wir hätten keinen Schaden genommen."


Quelle:
KNA