Regierungsspannungen bei Flüchtlingspolitik und Islam

Auf Konfrontationskurs

Die Kabinettklausur von Meseberg förderte auch eines zutage: Zwischen der SPD und der CSU knirscht es gewaltig, was die Positionen zu Flüchtlingspolitik und Islam angeht. Nun droht die SPD gar einen Konfrontationskurs an.

Islam in Deutschland / © Boris Roessler (dpa)
Islam in Deutschland / © Boris Roessler ( dpa )

Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner kontert beim Thema Migrationspolitik die CSU. Der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag) sagte er, an den Äußerungen von Bundesinnenminister Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zum Islam sehe man deutlich die Unterschiede zur SPD.

Thema Familiennachzug

"Nichts von dem, was sie jetzt sagen, wird gemeinsame Politik in der Regierung werden, dafür sorgen wir", so Stegner. "Wenn Seehofer und Co. im bayerischen Wahlkampf die Parolen der Rechtspopulisten übernehmen, wird ihnen das eher schaden." Als Verfassungsminister solle Seehofer einen Blick auf Artikel 4 des Grundgesetzes werfen, der Religionsfreiheit garantiere.

Beim Familiennachzug von Flüchtlingen werde die SPD genau das umsetzen, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei. "Wenn der Gesetzentwurf des Bundesinnenministers darüber hinausgeht, werden wir das nicht mitmachen", kündigte Stegner an.

"Das vereinbarte Kontingent ist bescheiden genug. Verabredet ist der Nachzug von tausend Angehörigen pro Monat plus Härtefällen. Wir werden nicht zulassen, dass das Kontingent durch politisch motivierte Verwaltungstricks auch noch verkleinert wird."

Verbalattacke gegen Spahn

Neben Seehofer nahm Stegner auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ins Visier, der jüngst mit Äußerungen zur Inneren Sicherheit für Schlagzeilen gesorgt hatte. "Die Querschüsse und Profilierungsversuche einiger Unions-Minister müssen jetzt ein Ende haben", meinte der SPD-Vize. "Herr Spahn sollte sich besser um Gesundheitspolitik und das Sofortprogramm Pflege kümmern. Es heißt schließlich nicht von ungefähr Sofortprogramm."

Die Bürger warteten dringend auf Verbesserungen bei der Pflege, so Stegner. Die SPD werde dafür sorgen, dass die Parität in der Krankenversicherung wieder hergestellt werde. Dies bedeute mehr Geld in der Tasche für Millionen Menschen.

Dobrindt: Islam soll für Deutschland nicht prägend werden

In der Debatte um die Rolle des Islam in Deutschland bleibt die CSU bei ihrer Position. Der Islam sei für Deutschland "kulturell nicht prägend, und er soll es auch nicht werden", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Mittwoch): "Der Islam hat keine kulturellen Wurzeln in Deutschland und hat mit der Scharia als Rechtsordnung nichts gemeinsam mit unserem christlich-jüdischen Erbe."

Dobrindt sagte weiter, Wertvorstellungen wie Toleranz, Nächstenliebe und Freiheit "finden sich so in der islamischen Welt nicht wieder". Diese Wertvorstellungen seien "der Grund, warum so viele Menschen bei uns leben wollen". Zugleich verwies der CSU-Politiker darauf, dass dem Islam das fehle, was für das Christentum die Aufklärung gewesen sei. "Kein islamisches Land auf der ganzen Welt hat eine vergleichbare demokratische Kultur entwickelt, wie wir dies in christlichen Ländern kennen", sagte Dobrindt.

Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer hatte Mitte März erklärt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Allerdings gehörten die hier lebenden Muslime dazu. Damit löste Seehofer eine Debatte über die Rolle des Islams aus und zog Kritik auf sich. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) widersprach ihm.

Forscher warnt vor Folgen der Islam-Debatte

Der Integrationsforscher Uslucan warnte, vor allem an die jüngere Generation mit Migrationshintergrund sendeten Sätze wie derjenige von Seehofer ein widersprüchliches Signal. Man erwarte von ihnen, sich zu integrieren. Gleichzeitig grenze man sie mit diesem Satz aus. "Das ist psychologisch vollkommen widersinnig", sagte Uslucan dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Der Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung sagte: "Die Fokussierung der Integrationsdebatte auf Türken, Türkeistämmige und Muslime schafft Skepsis bei denen, die hier geboren und aufgewachsen sind." Sie hätten Gleichheitsgrundsätze verinnerlicht. Umso ungehaltener reagierten sie, wenn zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund unterschieden werde: "Sie wollen, dass der Mehmet das bekommt, was auch dem Sebastian zusteht", sagte Uslucan, der Mitglied im Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration ist.

Uslucan: Rolle der Religion nicht überschätzen

Uslucan warnte zugleich davor, die Rolle der Religion bei der Integration zu überschätzen. Repräsentative Umfragen des Sachverständigenrats hätten ergeben, dass die Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft vor allem am festen Arbeitsplatz und an der Staatsangehörigkeit bemessen werde. Fragen von Religiosität oder kultureller Herkunft seien nachrangig.

Die von Bundesinnenminister Seehofer angekündigte Fortsetzung des Dialogs zwischen Staat und Muslimen in der Deutschen Islamkonferenz begrüßte Uslucan und forderte einen "fairen und angemessenen Austausch". Es sei richtig zu überlegen, wie man deutsche Moschee-Gemeinden von der Finanzierung aus dem Ausland entkoppelt.

Man müsse aber auch prüfen, was man von den Verbänden verlangen kann. Uslucan regte an, zu prüfen, "welche Aufgaben auch über eine staatliche Finanzierung aufgefangen werden könnten".


Ralf Stegner / © Carsten Rehder (dpa)
Ralf Stegner / © Carsten Rehder ( dpa )

Alexander Dobrindt / © Andreas Gebert (dpa)
Alexander Dobrindt / © Andreas Gebert ( dpa )

Horst Seehofer / © Sven Hoppe (dpa)
Horst Seehofer / © Sven Hoppe ( dpa )
Quelle:
KNA , epd
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