Es ruhig angehen, langsam machen. Auf die Ärzte hören. Dieses Credo hatte der Papst vor Beginn des Sommers ausgegeben. Etwas "Fasten" vom hektischen Alltag, wie Franziskus vergangene Woche vor Ordensleuten andeutete. Daher war die lang geplante Afrika-Reise in der ersten Juli-Woche auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Schweren Herzens, wie der Papst mehrfach betonte.
Auch wenn das 85-jährige Kirchenoberhaupt nach Aussage von Personen, die ihn jüngst persönlich getroffen haben, alles andere als amtsmüde oder erschöpft wirkt, zeigt ihm sein Körper Grenzen auf. Doch er wäre nicht Franziskus, wollte er diese Grenzen nicht austesten.
Kanada-Reise im Zeichen der Versöhnung
So geht es am Sonntag nach Kanada. Sechs Tage lang fliegt der Pontifex von Edmonton nach Quebec bis nach Iqaluit am Nordpolarmeer. Die Reise steht unter dem Zeichen von Entschuldigung und Versöhnung.
Priorität haben die indigenen Völker Kanadas. Viele von ihnen sind in den sogenannten Residentials Schools zwischen 1880 und 1960 gedemütigt, misshandelt und ihrer Kultur beraubt worden. Die Täter waren Mitarbeitende der katholischen Kirche. Franziskus hatte bereits im Frühjahr bei mehreren Treffen mit Indigenen-Vertretern in Rom für die Gräueltaten um Entschuldigung gebeten. Nun soll dies vor Ort, in der Heimat und auf dem Land der Betroffenen folgen.
Die Reise dürfte entsprechend emotional werden. Mindestens fünf Treffen mit verschiedenen indigenen Gruppen sind geplant. Eine kanadische Hotline bietet Ansprechpartner für Betroffene bei möglichen Re-Traumatisierungen. Auch für Franziskus dürfte die Reise mit vielen Emotionen verbunden sein.
Kiew wartet auf den Heiligen Vater
Einerseits wegen des Reiseanlasses, andererseits da alle Augen auf seine gesundheitliche Verfassung gerichtet seien werden. Jeder Schritt, jeder Tritt wird durch die Lupe verfolgt. Dabei ist das Programm schon stark abgespeckt. Die Morgentermine beginnen später als üblich, danach folgt oft eine lange Mittagspause vor einem zweiten Termin am Abend.
Letztlich hat der Vatikan selbst mehrfach indirekt bestätigt, dass die Kanada-Reise über weitere größere Reisepläne entscheidet. Denn die avisierte Kiew-Reise, vielleicht schon im August, und auch das für September in Kasachstan geplante Treffen mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. sind angekündigt. Bislang aber nur in der Theorie. Entscheidungen hierzu sollen, wie Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bekräftigte, erst nach der Kanada-Reise getroffen werden.
Der päpstliche Wille ist da. Ob Franziskus weitere Fernreisen wirklich machen kann, wird sich zeigen. Denn das durch einen Bänderriss sowie Fraktur malträtierte Knie bremst ihn seit Monaten aus. Doch ganz auf die Bremse treten will er nicht. So sind einige Tagestrips und größeren Termine für die kommenden zwei Monate bereits gesetzt. Darunter fällt die Kardinalsversammlung Ende August und die darauffolgenden Beratungen mit den Kardinälen über die Kurienreform "Praedicate Evangelium". Beide Termine werden inhaltlich sehr intensiv - Überraschungen denkbar -, aber örtlich im Vatikan stattfinden.
Kurzbesuche in der Region
Reisen will der Papst auf alle Fälle nach L'Aquila, ebenfalls Ende August. Anlass ist die traditionsreiche Ablass-Wallfahrt der "Perdonanza Celestiniana" in den Abruzzen. Diese jährlich am 28. und 29. August stattfindende Pilgerfahrt geht auf Papst Coelestin V. (Amtszeit 1294) zurück. Sie bietet Anlass für wilde Spekulationen, da Papst Coelestin der erste Papst war, der freiwillig vom Amt zurücktrat. Und Benedikt XVI. legte in L'Aquila sein Pallium auf das Grab von Coelestin. Bei dieser Reise wird daher die internationale Presse das päpstliche Pallium keine Sekunde aus den Augen lassen.
Darüber hinaus will Franziskus vor allem als Seelsorger in L'Aquila Betroffene des schweren Erdbebens von 2009 treffen.
Im September geht es nach Assisi. Dort ist das durch die Pandemie mehrfach nur digital veranstaltete Treffen junger Wirtschaftswissenschaftler geplant. Anlässlich der Konferenz "Economy of Francesco" (Die Ökonomie des heiligen Franziskus) soll auch ein globaler Pakt für nachhaltige Wirtschaft unterzeichnet werden. Organisiert wird die Veranstaltung von den Franziskaner-Minoriten in der umbrischen Kleinstadt.
Am Tag darauf will der Papst nach Matera reisen. In der süditalienischen Stadt, in der auch James Bond zu Besuch war, findet Italiens 27. Nationaler Eucharistischer Kongress statt. Alle päpstlichen Tagestrips sind durchgetaktet. Morgens geht es mit dem Helikopter los, am Mittag zurück. Zur Siesta ist Franziskus wieder in Santa Marta.