Religiöser Buchmarkt legt deutlich zu

Missbrauchsskandal und Sarrazin als Antreiber

Sarrazin-Debatte, Streit um den Islam und Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche: Zumindest auf den Buchmarkt in Deutschland haben sich diese Reizthemen positiv ausgewirkt. Die Nachfrage nach religiösen Büchern ist 2010 deutlich gestiegen.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Insgesamt ist der Umsatz in der Warengruppe Religion um 7,3 Prozent gestiegen, heißt es in den von media control GfK International erhobenen Marktdaten. Den größten Zuwachs mit 33,6 Prozent verzeichnete der Bereich "Sonstiges", hinter dem sich auch Bücher über den Islam verbergen. Der Bereich Christentum wuchs um mehr als 18 Prozent, die Sparte Bibelausgaben, mit jetzt 23 Prozent der größte Bereich der Warengruppe, wuchs um 14,4 Prozent.



Ein Grund für den Umsatzzuwachs sehen Verlage und Buchhandel laut dem Börsenblatt für den deutschen Buchhandel in dem durch Thilo Sarrazins Buch "Deutschland schafft sich ab" ausgelösten Medienecho und der damit verbundenen Debatte rund um die Integration des Islam. Im Börsenblatt betont der Sprecher der Verlegerkonferenz Buch im Katholischen Medienverband, Echter-Geschäftsführer Thomas Häußner, die religiösen Verlage wollten diese Debatte mit neuen Büchern über den interreligiösen Dialog vertiefen. Stefan Hauck vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) dazu, seit Herbst gebe es einen großen Zuwachs an Neuerscheinungen, die sich mit dem Islam, dem Phänomen des Fundamentalismus und den Weltreligionen befasse.



Acht der zehn meist verkauften Titel sind Bibelausgaben

Ein weiteres großes Thema für den religiösen Buchmarkt waren die Missbrauchsfälle an Jugendlichen vor allem in der katholischen Kirche. Die Verlage haben darauf reagiert und Titel veröffentlicht, die die Strukturen hinter dem Skandal analysieren, die Verunsicherung darstellen und den Reformforderungen von Basis und Theologieprofessoren eine Stimme geben - etwa das Buch von Wunibald Müller über "Verschwiegene Wunden". Herder-Sprecherin Christine Weis wird vom Börsenblatt mit den Worten zitiert: "Das Thema ist omnipräsent. Das müssen wir machen."



In der Rangliste der "Top Ten" der religiösen Bücher spiegeln sich diese Reizthemen allerdings gar nicht wider. Acht der zehn meist verkauften Titel sind Bibelausgaben, darunter auf Platz eins eine im Herderverlag erschienene Bibel, auf Platz vier eine Lutherbibel und auf Platz acht die Benedikt-Bibel. Die Plätze zwei und drei der Rangliste belegt die ehemalige evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann mit "Das große Du" und - zusammen mit Silvia Mustert - "Einfach Evangelisch".



Auch 2011 dürfte der religiöse Büchermarkt weiter wachsen - das zumindest legen die geplanten Auflagen für den zweiten Band des Jesus-Buches von Papst Benedikt XVI. nahe.