Das sagte Pollack vor der in Bonn tagenden EKD-Synode. "Dass Menschen wegbleiben, hat zwar auch damit zu tun, dass sie etwa mit der Art der Predigt unzufrieden sind, aber vor allem, dass sie am Sonntagvormittag schlichtweg anderes zu tun haben, das ihnen wichtiger ist."
Man erleichtere es Menschen, am Gottesdienst teilzunehmen, wenn er kürzer sei. Pollack berichtete auch von einem Gottesdienst in seiner eigenen Gemeinde: "Wenn das Orgelvorspiel schon verunglückt, dann tritt der Flötenkreis auf, das Gesinge hört nicht auf, die Jugendlichen machen ein Anspiel..."
Kaum Rückkehrbewegungen
Pollack betonte, dass die Kirche ihr Geld am Besten in die Kinder- und Jugendarbeit investieren sollte. Dies diene der religiösen Sozialisation der Menschen. Wer sich einmal von der Kirche verabschiedet hat, komme dagegen in der Regel nicht wieder.
Nicht einmal ein Prozent der Konfessionslosen denke ernsthaft über einen Kircheneintritt nach. "Die Verbreitung des Evangeliums an alles Volk mag theologisch geboten sein", so Pollack. "Unter zweckrationalen Gesichtspunkten ist es effektiver, sich vor allem um diejenigen zu kümmern, die in der Kirche sind, genauer, noch in der Kirche sind und an ihrem Rande stehen."
Eltern stärker einbinden
Die Kirche müsse daher den Sinn für Religion und "das Unendliche" in der Gesellschaft präsent halten und versuchen, den Menschen die Frage nach Gott dringlich zu machen, sagte Pollack. Was früher das Sündenbewusstsein war, könnte nach seinen Worten heute die Frage der Begrenztheit des Lebens sein.
Mutiger sollte die evangelische Kirche nach Pollacks Worten manchmal sein, indem sie "vom Mainstream des allgemeinen Gutmenschentums" abweicht. "Zum Beispiel, indem sie sich für die Wähler der AfD interessiert und versucht, ihre Anliegen ernst zu nehmen und zu verstehen statt sie zu verurteilen", schlug der Wissenschaftler des Exzellenzclusters Religion und Politik an der Uni Münster vor.
Einen weiteren Ansatzpunkt sieht Pollack darin, Eltern stärker zu einer christlichen Erziehung ihrer Kinder zu motivieren. Zwar würden über 90 Prozent der Kinder mit einem evangelischen Elternteil getauft, nur die Hälfte erhalte aber eine christliche Erziehung. Behindert werde ein effektives und konstruktives kirchliches Handeln auch durch Reibungsverluste zwischen Pfarrern und Kirchenleitung.