Die Französische Bischofskonferenz und die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) haben den Anschlag in Nizza verurteilt. Das Ereignis erweitere die Liste der Terrorakte, die Frankreich und die Welt seit vielen Monaten trübten, erklärte die Französische Bischofskonferenz am Freitag in Paris. "Was immer der Grund ist - diese Barbarei ist nicht hinnehmbar, unerträglich", so die Bischöfe. Frankreich sei in einem Moment der nationalen Einheit getroffen worden. "Mehr als je zuvor muss die nationale Solidarität nun stärker als der Terrorismus sein."
Der Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft COMECE. Kardinal Reinhard Marx, erklärte "Frankreich ist gestern Abend erneut zum Ort eines offensichtlich terroristischen Anschlages geworden. Entsetzt und traurig stehen wir vor diesem Akt der Gewalt. Meine Gedanken und Gebete sind bei den Opfern, ihren Angehörigen und Freunden. Und ich bleibe überzeugt: Die europäische Zivilisation, die Kultur der Freiheit, zu der die französische Nation so vieles beigetragen hat, lässt sich durch die Gewalt nicht unterkriegen.“
Zeugen von Kriegsszenen
Auch der Bischof von Nizza, Andre Marceau, äußerte sich betroffen: "Wir sind Zeugen von Kriegsszenen geworden, unerträglich", sagte Marceau der Zeitung "La Croix" (Onlineausgabe Freitag). Er selbst habe am Donnerstag die Promenade nach der offiziellen Zeremonie gegen 19.00 Uhr verlassen. Es sei eine ruhige und sonnige Urlaubsatmosphäre gewesen. Nach den Anschlägen habe am Freitag dann Totenstille geherrscht.
In diesen Momenten, so Marceau, sei eine Aufgabe der Kirche, Worte des Trostes zu finden, Mitgefühl zu zeigen und denen nahe zu sein, die Freunde und Familienangehörige verloren haben. Die Kathedrale von Nizza werde den ganzen Tag geöffnet bleiben. Der Erzbischof von Marseille, Georges Pontier, kündigte für Sonntag eine Messe für die Opfer an.
"Gipfel der Menschenverachtung und Gottlosigkeit"
Auch die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) zeigte sich schockiert. Der Nationalfeiertag erinnere besonders an Werte wie Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit. Durch Friedensbildung und Versöhnung müssten die Kirchen weiter versuchen, eine Atmosphäre von Vertrauen und Akzeptanz aufzubauen, erklärte die Organisation in Brüssel.
Der Flüchtlings- und Integrationsbeauftragte der EU-Bischofskommission COMECE, Bischof Ägidius Zsifkovics, bezeichnete den Anschlag als "Gipfel der Menschenverachtung und Gottlosigkeit". Ihm müsse nun "umso entschiedener die Macht der Liebe" entgegengesetzt werden. Dem Terror dürfe es nicht gelingen, "den Glauben an das Gute und Sinnerfüllte, an das Menschliche und Menschenwürdige, an das Leben und Lebenswerte zu brechen".
Papst spricht von "mörderischem Wahnsinn"
Papst Franziskus bekundete am Freitag seine Nähe zu den Opfern. Der Heilige Stuhl verurteile aufs Entschiedenste den "mörderischen Wahnsinn, Hass, Terrorismus und jeden Angriff auf den Frieden", erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi. Papst Franziskus nehme Anteil "am Leiden der Opfer und des ganzen französischen Volks an dem Tag, der ein großer Festtag sein sollte".
Am späten Donnerstagabend war im südfranzösischen Nizza ein Lastwagen durch eine Menschenmenge gerast, die sich zu einem Feuerwerk am Nationalfeiertag auf der Strandpromenade versammelt hatte. Nach aktuellen Medienangaben wurden mindestens 84 Menschen getötet; unter den vielen Verletzten seien 18 in einem kritischen Zustand. Der mutmaßliche Angreifer, ein 31-jähriger Franko-Tunesier, wurde von der Polizei erschossen. Die Hintergründe sind noch unklar. Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande sprach von einem "terroristischen Charakter" der Tat.
Rektor der Pariser Moschee: "Schreckliche Bewährungsprobe"
Der Rektor der Großen Moschee von Paris, Dalil Boubakeur, verurteilte im Namen aller französischen Muslime das "niederträchtige und grausame Attentat" und rief alle Bürger zur Einheit angesichts "dieser neuerlichen schrecklichen Bewährungsprobe, die unsere ganze Nation in Trauer versetzt".
Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Ronald Lauder, rückte den Anschlag in die Nähe eines kriegerischen Aktes. Darauf müsse die Staatengemeinschaft angemessen reagieren. Überall auf der Welt hätten Menschen immer mehr Angst, allein dafür getötet zu werden, dass sie wagten, ihr Haus zu verlassen.
"Wie können Menschen so unmenschlich werden?"
Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, zeigte sich traurig und schockiert. "Wie können Menschen so unmenschlich werden?", fragte Schick im Kurznachrichtendienst Twitter. Im domradio.de-Interview rief er zum Gebet für die Opfer und die Hinterbliebenen auf.
Kurienkardinal Kurt Koch fordert einen neuen entschiedenen Schulterschluss aller Kirchen und Religionen gegen Terror und Gewalt. Im "Kathpress"-Interview am Rande der Ökumenischen Sommerakademie in Kremsmünster zeigte sich der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates tief betroffen über den Terroranschlag in Nizza. Sein Mitgefühl und sein Gebet sei bei den Opfern und deren Angehörigen. Der Terror sei inzwischen allgegenwärtig und löse verständlicher weise ungeheure Ängste aus, so Koch. Umso schlimmer sei es, wenn Terrorakte im Namen einer Religion ausgeübt würden. "Das ist ein Missbrauch von Religion".
Der Kardinal erinnerte an das von Papst Johannes Paul II. 1986 in Assisi initiierte (und 2002 und 2011 wiederholte) Weltgebetstreffen der Kirchen und Religionen für den Frieden. Koch: "Wir brauchen ein neues Assisi. Assisi war die Zusammenkunft aller Kirchen und Religionen, die gemeinsam bekannt haben, dass die Zwillingsschwester der Religion Friede heißt und nicht Gewalt. Dieses Zeugnis brauchen wir in der heutigen Welt."
Nach dem Anschlag hat der Berliner Erzbischof Heiner Koch dem französischen Botschafter Philippe Etienne seine Anteilnahme ausgesprochen. In einem am Freitag veröffentlichten Schreiben nannte Koch die Tat "menschenverachtend und abstoßend". Er bekundete seine Trauer über die Todesopfern und sein Mitgefühl mit den Verletzten und den trauernden Angehörigen.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat mit Erschütterung auf den Anschlag von Nizza reagiert. "Unfassbar und entsetzlich, wenn Menschen unbeschwert den Nationalfeiertag feiern und dann plötzlich der Tod hereinbrich", schrieb der bayerische Landesbischof am Freitag auf seiner Facebook-Seite. "Ich bete für sie und für ihre Angehörigen, für die sich jetzt Abgründe auftun."
Hinterhältige Morde
Auch Islamverbände in Deutschland äußerten sich bestürzt über den Anschlag, der offenbar einen islamistischen Hintergrund hat. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, erklärte, Menschen, die mit ihren Familien den Nationalfeiertag Frankreichs feierten, seien hinterhältig ermordet worden.
"Die Werte der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, die Werte der französischen Revolution sind unsere Werte." Der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, unterstrich, der menschenverachtende Terror treffe nicht nur die Franzosen, sondern die ganze Menschheit.
Bessere Zusammenarbeit gefordert
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, forderte nach dem Anschlag eine bessere Kooperation der Behörden. Geheimdienste und Sicherheitsbehörden müssten "intensiver systematisch international zusammenwirken", sagte die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden.
Der Kampf gegen islamistischen Terror müsse weltweit besser koordiniert werden. "Allein in Deutschland sind es mehr als 500 Gefährder, die täglich ihrem Wahn freie Bahn lassen könnten, europaweit sind es Tausende", sagte Knobloch auch in ihrer Funktion als Holocaust-Beauftragte des Word Jewish Congress.
Bestürzung bei Gauck
Auch Bundespräsident Joachim Gauck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reagierten bestürzt. "Der 14. Juli, der Tag, an dem Frankreich seinen Nationalfeiertag begeht, steht für die Werte der Französischen Revolution, die auch unsere Werte sind", heißt es in einem Kondolenzschreiben Gaucks an Hollande. "Ein Angriff auf Frankreich ist deshalb ein Angriff auf die gesamte Freie Welt."
Außenminister Steinmeier erklärte: "Ein Tag, der der Freude und dem Stolz auf die französische Nation gewidmet war, ist tragisch zu Ende gegangen und hat viele Menschen sinnlos in den Tod gerissen. Friedlich feiernde Menschen mussten sterben oder ringen ums Überleben." Ähnlich äußerte sich EU-Kommisionspräsident Jean-Claude Juncker.
Gedenkveranstaltung in Partnerstadt Nürnberg
In Nürnberg, der Partnerstadt von Nizza, veranstalten die beiden großen Kirchen am Freitagabend eine Gedenkveranstaltung für die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlages. Dabei wird auch der Chor "Les Voix de Nice" singen, der derzeit in Mittelfranken auf Konzertreise ist, wie das Evangelisch-Lutherische Dekanat mitteilte. Der evangelische Regionalbischof Stefan Ark Nitsche und der katholische Stadtdekan Hubertus Förster werden die Feier gemeinsam mit Pfarrer Martin Brons in der Kirche Sankt Egidien gestalten. Egidius, der französische Heilige Gilles, ist einer der vierzehn Nothelfer und liegt in St. Gilles in Südfrankreich begraben.
Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung, die auch der Freundeskreis Nürnberg-Nizza mitveranstaltet, wird ein Empfang stattfinden. Das für Samstag geplante Nizza-Fest ist der Mitteilung zufolge abgesagt. Stattdessen wird es in der Ehrenhalle des Rathauses eine Gedenkminute geben und ein Kondolenzbuch ausliegen.