Das Pilgertum auf dem Jakobsweg erlebt jüngst eine Renaissance erstaunlichen Ausmaßes. Warum Menschen auf dem Jakobsweg pilgern - darunter viele, die im traditionellen Sinne nicht an Gott glauben -, wurde bislang nicht erforscht. Der Soziologe Christian Kurrat ist dieser Frage in seiner Doktorarbeit auf den Grund gegangen. In seinem Vortrag zeigt er auf der Basis von Interviewauszügen, dass Pilgern heutzutage ein biografisches Programm ist: In typischen Lebenssituationen und unabhängig von ihrer religiösen Orientierung entscheiden sich Menschen für eine Pilgerschaft, um in der Außeralltäglichkeit und im Gespräch mit anderen Pilgern biografische Probleme zu bearbeiten. Dabei zeigt sich auf dem Jakobsweg insgesamt ein fundamentaler Wandel von Religion. Die konfessionell verfasste Religion wandelt sich zu einer privaten, in neuen Formen von Gemeinschaft konstruierten Religion. Sowohl zu Forschungszwecken als auch privat ist der Referent mehrfach auf den verschiedenen Jakobswegen Spaniens unterwegs gewesen.
Seinen Vortrag hielt Dr. Kurrat im September 2016 im Domforum Köln.
Erstsendung: 14.10.2016