FESTREDE Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp verabschiedet Erwin Müller-Ruckwitt nach 36 Jahren im kirchlichen Dienst. Als Geschenk: ein Stück Dom
Sehr geehrte Damen und Herren, ganz herzlich begrüße ich Sie heute zur Verabschiedung
von Erwin Müller-Ruckwitt, der nach 36·jährigeI; Tätigkeit im kirchlichen Dienst in den verdienten Ruhestand tritt. An erster Stelle grüße ich Sie, Herr Müller-Ruckwitt, die Hauptperson dieses Tages, sodann Sie, liebe Frau MülIer-Ruckwitt, und Ihre beiden Kinder. Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau, so sagt man. Eines jedenfalls weiß ich: Die Familie bildet für Herrn Müller-Ruckwitt das Rückgrat seines Dienstes. Danke für Ihre Unterstützung seines Dienstes, die oftmals ja weit über einen Acht-Stunden-Tag hinausreichte und dabei auch das Wochenende und den Sonntag nicht immer verschonte.
Mein Gruß gilt all jenen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit Herrn Müller-Ruckwitt zusammengearbeitet haben, in den verschiedenen Tätigkeiten und Diensten mit ihm zusammen gewirkt haben und die ihre Verbundenheit mit ihm ausdrücken wollen. Seien Sie alle auf das Herzlichste begrüßt. 36 Jahre kirchlicher Dienst, das heißt, er hat 1972 - damals in der Thomas-Morus- Akademie - seinen Dienst im Erzbistum Köln angetreten. 1972 (ich selbst war damals übrigens fünf Jahre alt): Dabei fallen einem die Olympischen Spiele in München ein, die Watergate-Affäre. Zwischen der Bundesrepublik und der
DDR trat das Transitabkommen in Kraft - und Deutschland wurde in Belgien Fußballeuropameister. Ich erwähne diese Ereignisse, die im subjektiven Empfinden so lange zurückliegen, weil ich vor einigen Monaten hier an dieser Stelle den Mitarbeitern unseres Hauses die heutige Verabschiedung bereits angekündigt habe und
Herrn Müller-Ruckwitt bei dieser Gelegenheit als "Urgestein" des Generalvikariates bezeichnet habe. An seiner mimischen Reaktion konnte ich feststellen, dass seine Begeisterung über diese Bezeichnung sehr verhalten war. Daher glaube ich, dass dieser Begriff noch einmal eingeordnet werden muss. In der internet- Enzyklopädie Wikipedia heißt es zum Stichwort "Urgestein": Der Begriff wird oft im übertragenen Sinn für eine Person verwendet, die in einer Tätigkeit seit vielen Jahren etabliert ist, etwa im Sport oder Beruf.
Nun wird sicher jeder zustimmen, dass Herr Müller-Ruckwitt in seiner bisherigen Funktion nicht nur in einer Tätigkeit etabliert war, vielmehr hat der Zuschnitt seines Aufgabenbereichs bewiesen, dass er die unterschiedlichsten Herausforderungen und Aufgaben gemeistert
hat. Die Formulierung "seit vielen Jahren" darf man nach 36-jähriger Tätigkeit im kirchlichen Dienst wohl ebenfalls als erfüllt ansehen. Dass er in diesen so unterschiedlichen Aufgaben,
deren Spanne vom Aufsichtsratsvorsitzenden des Rheinischen Merkur über den Aufsichtsrat der Medien-Dienstleistung bis zur Verantwortung für unsere Tagungshäuser reichte, etabliert war, erkennt man spätestens an der Vielzahl von Gremien, in denen er tätig war. Ich möchte Ihnen übrigens nicht vorenthalten, wie die Definition des .. Urgesteins" bei Wikipedia weitergebt (ich zitiere): "Hierbei kann es zu Überschneidungen mit dem Begriff "Platzhirsch" kommen, der aber eher negativ gebraucht wird." Sie dürfen daraus schließen,
dass ich ganz bewusst den Begriff Urgestein gewählt habe, der demzufolge positiv besetzt ist. Dabei ist es mir besonders wichtig, die Fähigkeit von Herrn Müller-Ruckwirt
zu betonen, sich auf neue Herausforderungen einzustellen und sie engagiert aufzugreifen. Wenn ich (insbesondere) die vergangenen vier Jahre betrachte, in denen ich als Generalvikar mit ihm zusammenarbeiten durfte, nenne ich hier vor allem das Projekt "Zukunft heute", ebenso aber die strukturelle Weiterentwicklung unseres Hauses in den vergangenen Jahren. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass Herr Müller-Ruckwitt sich hier buchstäblich bis zum letzten Arbeitstag mit der Bereitschaft, zu gestalten und Neues zu
entwickeln, eingebracht hat. Dabei waren für mich in der Anfangszeit als neuer Generalvikar seine langjährige Erfahrung und seine unbedingte Loyalität unglaublich wertvoll. Lieber Herr Müller-Ruckwitt, wie oft haben wir im Zusammenhang mit "Zukunft heute" in· einem kleinen Kreis - manchmal sehr früh beginnend, manchmal sehr spät endend - konferiert und geplant! Dass Sie all diese Herausforderungen nicht nur .. über sich haben ergehen lassen", sondern mit einem enormen Gestaltungswillen mitgeprägt und vor allem mit durchgetragen haben, ist
keineswegs selbstverständlich. Dafür möchte ich Ihnen heute ganz persönlich Dank sagen. Wie viele Menschen gibt es, die gerade in den letzten Jahren ihres beruflichen Wirkens froh sind, sich in möglichst ruhigem Fahrwasser zu bewegen - ohne größere Aufbrüche befürchten zu müssen! Insofern ist Ihre Bereitschaft zur Veränderung durchaus nichts Alltägliches. Nun wird möglicherweise der eine oder andere den Schluss ziehen, bei Herrn Müller-Ruckwitt sei nichts alltäglich gewesen. So weit würde ich natürlich nie geben. Trotzdem fällt auf, dass auch am heutigen Tag manches nicht alltäglich ist. Lassen Sie mich
- in der gebotenen Kürze - drei Dinge nennen.
1. Er hat die Altersgrenze bereits überschritten Zugegeben, es sind nur zwei Tage, aber
es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass Herr Müller-Ruckwitt mit größter Selbstverständlichkeit quasi bis zum letzten Tag "an Bord" bleibt. Dass dadurch seine Verabschiedung knapp hinter das - amtlich gesprochen - Erreichen der Altersgrenze", anders: den 65. Geburtstag, gerutscht ist; ist, so glaube ich, .einigermaßen typisch für ihn.
Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, zu diesem für die meisten Menschen recht einschneidenden Geburtstag ganz, ganz herzlich zu gratulieren. lieber Herr Müller-Ruckwitt, zu Ihrem 65. Geburtstag wünsche ich Ihnen - und ich darf mich hier sicher zum Sprecher aller Anwesenden machen - von Herzen Gottes Segen und noch viele Jahre voller
Schaffenskraft und Zufriedenheit. Sie haben mir einmal gesagt, dass Sie Ihr ganzes Leben lang gerne arbeiten gegangen sind. Ich glaube, jeder, der mit Ihnen zu tun hatte, hat davon etwas spüren können.
2. Er wollte gar nicht gefeiert werden Ich bin überzeugt, dass Herr Müller-Ruckwitt
dem heutigen Tag mit einem gewissen Schrecken entgegengesehen hat. Als ich vor einigen Monaten im Rahmen eines Routinegesprächs das Thema Verabschiedung angesprochen
habe, spürte ich seine Reserve gleichsam auf zwei Ebenen. Erstens hatte er keinerlei
Neigung, die letzten Monate seiner Arbeit - wie die Amerikaner es nennen - als "lame duck" zu verbringen. Das hängt mit zwei schon genarmten Eigenschaften von Erwin Müller-Ruckwitt zusammen: seinem ausgeprägten Gestaltungswillen und seiner Freude an seinem
Tätigkeitsbereich. Insofern hat er dieses Thema verständlicherweise zunächst einmal zurückgewiesen. Die zweite Ebene, auf der ihm der Gedanke an eine Verabschiedung unangenehm war, mag Menschen, die ihn nicht gut kennen, überraschen: Man könnte meinen, dass ein Mann, der das Erzbistum Köln beziehungsweise "die Kirche:" in so vielen Gremien repräsentiert hat, der unser Bistumsengagement in den Medien verkörperte wie kaum ein anderer, bei einer solchen Gelegen ganz gerne im Mittelpunkt stehen würde. Das Gegenteil ist der Fall. Die Aussicht, hier und heute im Mittelpunkt stehen zu müssen, geehrt und gewürdigt zu werden, widerstrebt ihm. Mit aller Autorität habe ich ihm klargemacht, dass er sich das nicht aussuchen könne, sondern ertragen müsse, dass seine Verdienste um das Erzbistum Köln heute einmal herausgestellt werden.
3. Er hat keinen Nachfolger Als Konrad Adenauer 1965 als Alterspräsident den fünften
Deutschen Bundestag eröffnete, bemerkte er - da erwartungsgemäß niemand älter war als er mit seinen 90 Jahren: "Ich stelle fest, ich bin einzig." Zu dieser Aussage hätte heute auch Erwin Müller-Ruckwitt allen Grund, denn anders als bei anderen Verabschiedungen Führen wir heute keinen Nachfolger, keinen neuen Hauptabteilungsleiter Bildung und Medien ein.
Denn die Vielfältigkeit, die Verschiedenheit der Aufgaben, die unsere Hauptabteilung Bildung und Medien unter einem Dach vereint hat, ist einerseits historisch gewachsen, andererseits
aber auch durch die Person von Herrn Müller-Ruckwitt zu erklären. Er hat die
Abteilung Bildung, die seinerzeit in unserer Hauptabteilung Seelsorge angesiedelt war, zu einer eigenen Hauptabteilung entwickelt, die nicht nur die Arbeit unserer Bildungswerke und Familienbildungsstätten begleitet und koordiniert. Hier sind ebenso unsere Tagungshäuser
und die Abteilung Medien mit Medienzentrale, Katholischen öffentlichen Büchereien
und unserem diözesanen Medienengagement verortet. An dieser Stelle muss natürlich auch unser Domradio erwähnt werden. Ich glaube, man darf ihn mit Fug und Recht als "Vater" des Domradios bezeichnen. Und in den letzten Monaten hat es sich noch weiterentwickelt, indem es manche Übertragungen (zum Beispiel die Gottesdienste aus dem Kölner Dom) auch ins Bild setzt. Dass das Domradio - zumindest in Köln - nun auch eine terrestrische Frequenz hat und man es deshalb zum Beispiel im Auto hören kann, ist eine besonders erfreuliche Entwicklung. Dass er fähig war, all diese so unterschiedlichen Bereiche unter einen Hut zu bringen und in den vergangenen Monaten auch die zukünftigen Weichenstellungen für die einzelnen Ressorts mit entwickelt hat, ist ihm hoch anzurechnen. Vor diesem Hintergrund war es uns natürlich wichtig, Ihnen ein besonderes Geschenk zu machen. 35 Jahre haben
Sie nun gleichsam "im Schatten des Kölner Doms" gearbeitet. Wir haben daher die Dombaumeisterin gebeten, einmal zu schauen, ob es ein "Stück Kölner Dom" gibt, das wir Ihnen heute mitgeben können, damit Sie uns nicht vergessen und auch weiterhin in dieser Geborgenheit unseres einzigartigen gotischen Doms leben. Es handelt sich um ein Bogenstück aus Schlaitdorfer Sandstein, das nach der Mitte des 19. Jahrhunderts im Strebewerk H8 an der Westseite des Südquerhauses verbaut wurde. Es musste im Jahre 2005 entfernt werden, weil dieser Bogen ausgewechselt wurde. Natürlich sagen wir Ihnen zu, dieses Geschenk auch zu Ihnen nach Hause zu bringen. Lieber Herr Müller-Ruckwitt, noch einmal sage ich Ihnen von Herzen Dank und vergelt"s Gott. Und in diesen Dank schließe ich noch einmal ganz ausdrücklich Ihre Prau und Ihre ganze Familie mit ein.
Natürlich gehört zu einer solchen Verabschiedung auch ein thematischer Exkurs. Ich habe den Vorsitz im Aufsichtsrat des Rheinischen Merkur bereits erwähnt. Wir haben daher den Chefredakteur des Merkur, Herrn Professor Michael Rutz, gebeten, heute über den "Ort der Kirche in den Medien" zu sprechen. Und natürlich erleben Sie nachher auch noch die Welturaufführung eines Films, den Joachim Zöller zum heutigen Anlass produziert hat.
VITA UND STATIONEN
Erwin Müller-Ruckwitt wurde am 26. August 1943 in Mönchengladbach geboren. Nach dem Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte führte seine Karriere über die Thomas-Morus-Akademie ins Generalvikariat des Erzbistums Köln. Dort widmete er sich zunächst dem Thema Bildung und zunehmend auch dem verwandten Thema Medien. Beide Themen
wurden schließlich in einer Hauptabteilung gebündelt. Sie war Ausgangspunkt intensiver
zukunftsorientierter Arbeit an den kirchlichen Medien - beim Rheinischen
Merkur ebenso wie beim Domradio, das Erwin Müller-Ruckwitt mit auf den Weg brachte. Der für dieses Medium modellhafte Erfolg des Domradios als Satellitenprogramm wurde jüngst durch die Erteilung einer UKW-Lizenz in Köln belohnt. Naheliegend war eine vielfältige Gremientätigkeit: der Vorsitz der Landes- und auch der Bundesarbeitsgemeinschaft für Katholische Erwachsenenbildung, der Vorsitz im Ad-hoc-Ausschuss Bürgermedien und jener
im Ausschuss für Forschung und Medienkompetenz, die Mitgliedschaft in der Koordinierungskommission Medien der Deutschen Bischofskonferenz. Die Sachkompetenz
Müller-Ruckwitts führte ihn in zahlreiche Aufsichtsräte, so etwa in den der Verlagsgruppe Weltbild und beim Fernsehproduktions-Unternehmen Tellux. In der von ihm mitgeformten Verlagsgruppe Rheinischer Merkur - mit Rheinischem Merkur, merkur.tv, Funkkorrespondenz und film-dienst - ist Erwin Müller-Ruckwitt langjährig Vorsitzender des Aufsichtsrates sowie der Gesellschafterversammlung.