Die Rückführung der Rohingyaflüchtlinge nach Myanmar stockt, bevor sie überhaupt begonnen hat. Kurz vor dem für diese Woche geplanten Beginn verschob Bangladesch den Termin auf unbestimmte Zeit. International stößt das Abkommen zwischen den Nachbarstaaten Bangladesch und Myanmar auf Kritik. Die Rohingya selbst und das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR waren auf Betreiben Myanmars von den Verhandlungen ausgeschlossen worden.
"Wir wollen zurück, aber nur, wenn unsere Sicherheit garantiert ist, wir unser Land zurückbekommen und uns konkret versprochen wird, dass wir als Staatsbürger anerkannt werden", sagt Mohammed Noor. Der 25-Jährige Lehrer floh im September mit seiner Familie aus Rakhine und lebt nun im Flüchtlingslager Kutupalong in Cox's Bazar. So wie er denken viele der mehr als 650.000 Rohingya, die seit dem Beginn der Armee-Offensive gegen die muslimische Minderheit nach Bangladesch geflohen sind.
Internationale Kritik
Keine der von Noor genannten Bedingungen wird durch das Abkommen garantiert. Es sieht vor, dass die Rückkehrer zunächst in eigens errichteten Lagern untergebracht werden sollen. Das stößt international auf Kritik. "Das Schlimmste wäre, diese Menschen von Lagern in Bangladesch in Lager in Myanmar zu schicken, statt ihnen die Wiedererlangung ihres normalen Lebens zu erlauben", sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres jüngst.
Drastischer wird die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW): "Die Rohingyaflüchtlinge sollten nicht in Lagern untergebracht werden, die von denselben birmanischen Sicherheitskräften bewacht werden, die sie gezwungen haben, vor Massakern, Gruppenvergewaltigungen und Brandschatzungen ihrer Dörfer zu fliehen", betont HRW-Asiendirektor Brad Adams.
Im Herbst 2017 gingen 400 Rohingyadörfer im Norden von Rakhine in Flammen auf. Die Armee von Myanmar rechtfertigte den brutalen Einsatz mit dem Kampf gegen die Rohingyamiliz ARSA, die Ende August 2017 einen Polizei- und Militärposten angegriffen hatte. Um was es eigentlich ging, beschrieb Armeechef General Aung Hlaing seinerzeit deutlich: die Lösung eines "seit dem Zweiten Weltkrieg anhaltenden Problems". Die Rohingya gelten in Myanmar als illegale, staatenlose Bengali, Einwanderer aus Bangladesch, die man mit aller Gewalt loswerden will.
Offiziell ist die Offensive gegen die ARSA seit Monaten beendet. Aber täglich kommen neue Flüchtlinge in den Lagern in Cox's Bazar an. "Allein in den vergangenen Tagen haben wir von Feuern und Schießereien in Dörfern auf der anderen Seite der Grenze gehört.
Solange die Sicherheit und das Wohlergehen eines jeden Kindes, das nach Myanmar zurück soll, nicht garantiert ist, sind Gespräche über eine Rückführung voreilig", warnte Justin Forsyth, Vizedirektor des Kinderhilfswerks Unicef in dieser Woche nach einem Besuch der Flüchtlingslager.
Fehlendes Vertrauen
Den Rohingya fehlt jegliches Vertrauen in Versprechungen der Behörden von Myanmar. "Diese Pläne erinnern an frühere Rückschickungsaktionen von Bangladesch und Myanmar in den 1990er Jahren, in deren Verlauf es zu zahllosen Menschenrechtsverletzungen gekommen ist", sagt der Direktor des "Burma Human Rights Network" (BHRN), Kyaw Win.
Nach der Gewalt von Buddhisten gegen Rohingya-Angehörige in Zentralrakhine im Jahr 2012 leben Zehntausende bis heute unter schlechten Bedingungen in Lagern. Sie dürfen nicht in ihre Dörfer zurück, sie dürfen nicht arbeiten und selbst zu Arztbesuchen dürfen sie nur unter Aufsicht. "Es gibt wenig Grund zu glauben, dass die neuen Lager besser als die 'temporären' Lager sein werden, in denen seit über fünf Jahren mehr als 120.000 Rohingya dahinvegetieren", befürchtet HRW-Experte Adams.
Die Lager in Bangladesch sind überfüllt, die sanitären Verhältnisse schlimm, es mangelt an sauberem Wasser und Gesundheitsfürsorge, außerdem steht die Regenzeit kurz bevor. Trotzdem würden viele Rohingya lieber in Bangladesch bleiben, als nach Myanmar zurückzukehren. "Hier sind wir wenigstens sicher", sagt Noor. "Die Versprechungen von Myanmar sind nur Nebelkerzen. Wir wurden immer wieder betrogen und zu Flüchtlingen gemacht."