Rollen klar verteilt - jede dritte Mutter bleibt Zuhause

Ehe ist das Fundament

Trotz rückläufiger Zahlen bleibt die Ehe die tragende Familienform in Deutschland. Das geht aus der am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie des Statistischen Bundesamtes "Familienland Deutschland" hervor. Die Zahl der Geburten ist danach 2007 erstmals wieder gestiegen. Ein weiteres Ergebnis: Die Rollen sind, besonders in westdeutschen Ehen weiter klar verteilt. Familiensoziologe Bertram fordert mehr Verantwortung der Väter. Nur die Wirtschaft könne Männer zum Umdenken bewegen.

 (DR)

Wesentliche Motivation für die Ehe ist weiterhin die Familiengründung. So wurden trotz rückläufiger Zahlen im Jahr 2006 rund 70 Prozent aller Kinder innerhalb einer Ehe geboren. Von den unverheirateten Paaren mit Kindern gibt sich zudem ein beträchtlicher Teil zu einem späteren Zeitpunkt das Jawort. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ist die Geburtenzahl 2007 erstmals seit 1997 gestiegen, im Vergleich zu 2006 um 1,8 Prozent.

Nach den Angaben der Studie sank die Zahl der Familien aber seit 1996 um neun Prozent. Auch die Zahl der Eheschließungen ist rückläufig. Und: Die Entscheidung fällt immer später. Bei Männern stieg das Heiratsalter von durchschnittlich 28,5 auf knapp 33 Jahren, bei Frauen von 26 auf knapp 30 Jahre.

Der Anteil Alleinerziehender und unverheirateter Paare steigt dagegen seit Jahren stetig. Bereits in 18 Prozent der Familien lebt ein Elternteil allein mit Kindern. Besonders im Osten hat die Ehe stark an Bedeutung verloren, hier wachsen nur noch 57 Prozent der Kinder bei verheirateten Eltern auf.

Elternzeit für Väter - aber nur zwei Monate
Die Studie beschäftigte sich auch mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bei jedem zweiten Paar mit Kindern arbeiten inzwischen beide Eltern. Ehepaare und Lebensgemeinschaften unterscheiden sich bei der Aufteilung der Berufsarbeit unter den Eltern aber deutlich. Die Väter arbeiten in der Regel in allen Familien Vollzeit, im Westen rund 95 Prozent, im Osten wegen der schlechteren Arbeitsmarktlage rund 92 Prozent. Ein Drittel der Mütter bleibt zunächst ganz Zuhause.

Bei den unverheirateten Paaren mit Kindern arbeiten in fast 40 Prozent der Familien beide Eltern Vollzeit. In weiteren 55 Prozent dieser Familien arbeitet ein Elternteil, meist die Mutter, Teilzeit.

Auch die Anträge auf Elterngeld zeigen: viel hat sich in Deutschland noch nicht verändert. Nach der Geburt eines Kindes beantragen 85 Prozent der erwerbstätigen Mütter das Elterngeld für ein Jahr. Dabei bekommt die Mehrheit von ihnen nur den Mindestsatz von 300 €. Der Anteil der Väter ist zwar deutlich gestiegen. Zwei Drittel der Antragsteller lassen sich aber nur für zwei Monate beurlauben. Dabei beziehen die Väter den Angaben zufolge ein deutlich höheres Elterngeld. Jeder Dritte erhält 1.000 bis 1.800 Euro, aber nur jede zehnte Mutter. Alle anderen erhalten weniger als 1.000 Euro.

Männer brauchen Vorbilder
Der Berliner Familiensoziologe Hans Bertram fordert «härtere Maßnahmen», um Männer zu mehr Familienarbeit zu bewegen.
Die Mehrzahl junger Männer halte an dem «typischen Ernährermodell» fest, sagte Bertram der Berliner «tageszeitung» (Mittwoch). Nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes nehmen zwar immer mehr Väter Elternzeit, die meisten aber nur zwei Monate. Bertram ist Hauptverantwortlicher des im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellten Familienberichts.

Derzeit gebe es noch wenig Anreize für Väter, «für das Kind da zu sein», sagte der Soziologe. Er forderte zugleich positive Beispiele für Männer: «Wir brauchen den Vorstandschef, der sagt: 'Jetzt bin ich kein Chef mehr, jetzt schiebe ich den Kinderwagen.'» Nicht die Familienpolitik, sondern nur die Wirtschaft könne Männer zum Umdenken bewegen.

Zu wenig Tagesplätze
Die Vereinbarkeit von kleinen Kindern und Beruf ist im Westen nach wie vor schwierig. Nicht einmal jedes zehnte Kind unter drei Jahren geht in eine Tagesstätte, im Osten sind es fast fünfmal so viele. Bei Drei- bis Fünf-Jährigen Kindergartenkindern liegt der Anteil inzwischen bei knapp 90 Prozent, wobei ostdeutsche Familien weiterhin wesentlich stärker von der frühkindlichen Betreuung Gebrauch machen.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sah in den Ergebnissen eine Bestätigung ihrer Politik. Dabei hob sie besonders das Elterngeld, den Ausbau der Kinderbetreuung sowie unterschiedliche Initiativen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf hervor. Bei einer Forsa-Umfrage für das Magazin «Cicero» erklärte unterdessen mehr als die Hälfte der Deutschen, dass Deutschland kein kinderfreundliches Land sei. Vor allem die Gruppe der 30- bis 44-Jährigen beurteilt die Kinderfreundlichkeit schlecht.