Rom will über 100 Baustellen bis Weihnachten beenden

"Die Stadt muss dringend etwas tun"

Rom bereitet sich aufs Heilige Jahr 2025 vor, das an Weihnachten eröffnet werden soll. Bis dahin sind in der Stadt noch 137 Baustellen abzuarbeiten. Denn Rom will einiges aufholen, um mehr Lebensqualität in der Stadt zu schaffen.

Baustelle in Rom / © Paola Leone (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Wie sehr beeinträchtigen die 137 Baustellen das Alltagsleben der Römerinnen und Römer?

Gudrun Sailer (Journalistin bei Radio Vatikan): Vor allem jetzt, wo das Schuljahr wieder angefangen hat und es manchmal auch heftig regnet, ist es schon gravierend. Regen war bisher schon immer schwierig für den Verkehrsfluss in Rom, weil jedes Mal, wenn es regnet, die Rollerfahrer aufs Auto umsteigen und dann wirklich alles steht.

Es ist schwer erträglich. Da hilft nur sich zu sagen, dass zu Weihnachten alles vorbei ist, weil da das Heilige Jahr anfängt und alles gut wird.

Gudrun Sailer / © privat
Gudrun Sailer / © privat

DOMRADIO.DE: Eines der wichtigsten Bauprojekte läuft gerade vor dem Gebäude Radio Vatikan. Es ist die direkte Verbindung der Engelsburg mit dem Petersdom. Wie weit sind da die Arbeiten fortgeschritten?

Sailer: Wir sehen von unserer Terrasse in die Baustelle hinein. Da arbeiten auch immer mehrere Dutzend Leute gleichzeitig. Es heißt, dass sie im Zeitplan sind. Als Laie kann ich das nicht wirklich einschätzen, auch wenn ich direkt drauf sehe.

Es ist jedenfalls die Verlängerung eines Autotunnels, den es seit dem Heiligen Jahr 2000 schon gab. Man sieht, dass auch diese Heilige Jahre immer auch ein Anlass sind, den chaotischen Verkehr in Rom ein bisschen besser zu bündeln. Es geht darum, dass man die Autos unter die Erde verbannt und das auch von der Engelsburg bis hinter den Petersdom so bleibt.

DOMRADIO.DE: Wie soll das Ganze am Ende aussehen?

Sailer: Es soll eine Fußgängerzone von der Engelsburg bis hinter den Petersdom werden. Bisher gab es da ein komplett unzureichendes Ampelsystem mit Treppen und Zebrastreifen für die Fußgänger. Alles ist viel zu klein dimensioniert für die Masse an Pilger und Touristen, die von der Engelsburg bis zum Petersdom wollten.

In Zukunft wird man als Fußgänger und als Fußgängerin ohne eine einzige Ampel vom Stadtzentrum über die Engelsburg bis zum Petersdom gelangen können. Da soll es dann sogar Springbrunnen und Bäume geben. Das wäre natürlich schön.

DOMRADIO.DE: Auch die Via Oktaviano sprechen führt zum Petersplatz. Die bekommt ebenfalls gerade ein neues Gesicht, oder?

Sailer: Ja. Die Via Oktaviano ist eine Einkaufsstraße, auf der bis vor kurzem zumindest Autos und auch eine Straßenbahn fahren. Endlich wird auch diese Straße zu einem Ort, an dem man sich als Fußgänger und Fußgängerin nicht dauernd auf dem engen Gehsteig an anderen vorbeiquetschen muss oder vor vorbeifahrenden Autos fürchten muss, denn auch das wird jetzt Fußgängerzone. Zwar fährt da noch eine Straßenbahn, aber das auch nicht so häufig. Bäumen soll es da geben und sogar Radfahrer sind willkommen.

Das zumindest suggerieren Stadtplanungsprojektbilder, die die Pressestelle der Stadt Rom verbreitet. Es sieht aus wie ein Bild aus einer zeitgenössischen europäischen Stadt, wo ein Straßenzug ein wenig begrünt wurde und die Autos auf unterirdische Parkplätze verbannt worden sind. 

Auch das geschieht quasi nur zwei Schritte vom Vatikan entfernt und wird somit nächstes Jahr voller Heilig-Jahr-Pilger sein.

DOMRADIO.DE: Was gibt es noch für wichtige Baustellen in Vatikanähe?

Sailer: Es sind eher viele kleine Baustellen. Das macht auch die Stadtplanung zu diesem Heiligen Jahr besonders. Es gibt nicht die eine große Megabaustelle, sondern viele kleine, von denen die Leute, die in Rom leben, auch nach dem Heiligen Jahr noch etwas haben sollen.

In den vergangenen 25 Jahren ist sehr wenig geschehen. Die Stadt hat vieles nachzuholen, um wieder einigermaßen zu anderen europäischen Hauptstädten in Sachen Lebensqualität aufzuschließen. Das ist vielleicht etwas, was Touristen und Pilgern oft nicht so ins Auge springt, wenn sie nur ein paar Tage die Schönheit Roms genießen oder die Sieben-Kirchen-Wallfahrt machen. 

Es lebt sich mühsam in dieser Stadt, aber nach dem Heiligen Jahr hoffentlich ein wenig weniger mühsam.

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus ist es sehr wichtig, dass das Heilige Jahr auch ein Jahr der Willkommenskultur wird und lässt auch für Menschen ohne Obdach bauen. Was entsteht da gerade?

Sailer: Das hat der Papst dem Bürgermeister hinter die Ohren geschrieben. Er will, dass das ein Heiliges Jahr auch für Arme ist. Deshalb baut die Stadt jetzt in der Nähe der vier Bahnhöfe neue Räumlichkeiten für obdachlose Menschen.

Ich habe aber meine Zweifel, ob das Angebot angenommen wird. Es gibt in Rom gar nicht wenige Plätze für obdachlose Menschen. Es gibt jetzt schon Plätze, die von Ordensgemeinschaften betrieben werden. Aber einige Obdachlose schlafen trotzdem lieber auf der Straße. Natürlich ist es trotzdem gut und richtig, ihnen neue Anlaufstellen zu bieten.

DOMRADIO.DE: Roms Bürgermeister Gualtier sagt, dass alles rechtzeitig zum Jubeljahr fertig wird. Fällt es schwer, das zu glauben?

Sailer: Ja, denn es sind nur noch drei Monate. Aber in Rom wird wirklich heftig gebaut und gehämmert und Beton gegossen. Ich habe beschlossen, dem Bürgermeister zu glauben, wenn er sagt und wiederholt, dass alles rechtzeitig bis Weihnachten fertig wird. Ich glaube ihm bis zum Beweis des Gegenteils. 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Heiliges Jahr

Das Heilige Jahr ist ein Jubiläumsjahr in der katholischen Kirche. Es wird regulär alle 25 Jahre begangen. Biblisches Vorbild ist das Jubeljahr (Levitikus 25), ein alle 50 Jahre begangenes Erlassjahr. Das erste Heilige Jahr wurde 1300 von Papst Bonifatius VIII. (1294-1303) ausgerufen. Ursprünglich als Jahrhundertereignis gedacht, wurde es zunächst im Abstand von 50 und dann 33 Jahren wiederholt. Der Rhythmus von 25 Jahren besteht seit 1470.

Pilger gehen durch die Heilige Pforte (2015) / © Cristian Gennari (KNA)
Pilger gehen durch die Heilige Pforte (2015) / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
DR