domradio.de: Gestern gab es die große Eröffnung der Wallfahrt. Wo und wie ist das abgelaufen?
Stephan Baur (Leiter der Liturgieredaktion): Das fand gestern Abend in Santa Maria in Trastevere statt. Das ist zum einen insofern eine interessante Kirche, weil sie unglaublich prächtige Mosaike hat, für die sie auch überaus bekannt ist. An der Außenfassade befinden sich teilweise auch schon diese Mosaike. Es ist insgesamt eine wunderschön anzusehende Kirche. Aber das ist nicht das einzige. Es ist eine der ältesten Kirchen Roms und manche vermuten sogar, es könnte die erste Kirche Roms sein, in der öffentlich ein Gottesdienst gefeiert wurde. Das ist allerdings nicht ganz klar. Es ist eine Basilika zu Ehren der Jungfrau und Gottesmutter Maria. Es gibt eine Legende, in der es heißt, es sei von irgendwoher Storm von reinem Öl genau an dieser Stelle aus der Erde gekommen. Das hat man als Ankündigung der Ankunft Christi interpretiert. Und da Maria mit der Ankunft Christi ja nun relativ viel zu tun hat, hat man ihr zu Ehren dort diese von langer Zeit errichtete Kirche gewidmet. Diese Kirche befindet sich in der Nähe vom Tiber.
Der zweite wichtige Aspekt ist der, dass die Kirche die Heimat der Gebetsgemeinschaft Sant'Egidio ist. Das ist eine bekannte, Ende der 1960er Jahre von ganz jungen Menschen gegründete Gemeinschaft, denen es vor allem darum ging, das Evangelium zu leben und durch das Gebet das Evangelium auch Wirklichkeit werden zu lassen. Das ist aber nicht alles. Sie helfen auch in der tätigen Caritas oder Diakonie Menschen, die an den Rand gedrückt wurden. Insofern passte das in meinen Augen ganz gut als Ort, an dem wir gestern Abend die Diözesanwallfahrt ganz offiziell mit Kardinal Woelki eröffnet haben.
domradio.de: Es ist doch auch die Gemeinde, die die Gruppe von syrischen Flüchtlingen aufgenommen hat, die der Papst vor ein paar Monaten aus Lesbos mitgebracht hat, oder?
Baur: Das war aber jetzt gestern überhaupt kein Thema. Obwohl der Kardinal ein bisschen gepredigt hat, hat er die Flüchtlinge dieses Mal nicht zum Thema gehabt. Er hat über die Stelle "Das, was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" gepredigt. Kardinal Woelki hat im Grunde die Gemeinschaft Sant'Egidio als eine Gemeinschaft gewürdigt, die diese Vorgabe in der katholischen Kirche sehr stark umsetzt und einen Blick für die Armen hat. Zweimal in der Woche gibt es hier in Trastevere, in diesem Stadtteil, für die Obdachlosen und für die Armen eine richtige Speisung. Das sind nicht nur ein paar Essen, das sind über 1.000 Essen, die sie da rausgeben. Das ist eine sehr konkrete Umsetzung des Evangeliums. Das hat der Kardinal in einer kurzen Ansprache noch einmal sehr gewürdigt.
domradio.de: Aus dem Erzbistum Köln sind nicht nur eine Handvoll Menschen dabei, sondern 1.500 Leute. Wie sieht denn der bisherige Eindruck von der Pilgergruppe aus?
Baur: Ich glaube, ich habe die ganze Gruppe noch nicht in Hülle und Fülle gesehen. Der Grund liegt aber auf der Hand, denn gestern sind noch viele angereist. Wenn man einen Flug um sechs Uhr morgens von Düsseldorf aus hatte, dann ist man vielleicht bereits um vier Uhr aufgestanden. Andere sind mit dem Bus über die ganze Nacht durchgefahren. Es gab ja verschiedene Möglichkeiten der Anreise. Das heißt, sehr viele Pilger waren gestern sehr müde, angeschlagen von der Reise. Es gibt auch einige, die im Vorfeld gesagt haben, die Eröffnung schaffen sie einfach an dem Abend nicht mehr. Es sind auch viele ältere Pilgerinnen und Pilger dabei, wo man das auch gut nachvollziehen kann. Ebenso sind auch einige Kinder dabei. Ein paar habe ich gesehen, die so blass aussahen und Ringe unter den Augen hatten.
Das war gestern also noch nicht die ganze Truppe. Ich vermute, es waren so rund zwei Drittel bereits da. Ich gehe aber davon aus, dass wir dann heute komplett werden. Die Stimmung ist aber grundsätzlich gut. Ich habe gestern nach dem Abendgebet bei der Gemeinschaft Sant'Egidio im Hof bei einem kleinen Stelldichein mit Brot und Wein nachgefragt, worauf sich die Pilger denn eigentlich freuen. Vor allem wurde da die Prozession mit dem Gang durch die Heilige Pforte des Petersdoms genannt und die gemeinsamen Gottesdienste, sowie die Generalaudienz mit dem Papst auf dem Petersplatz.
domradio.de: Das ist einer der großen Höhepunkte, der heute ansteht: Der Besuch des Petersdoms, oder?
Baur: So ist es. Der heutige Tag ist ein vermeintlicher Höhepunkt, wenn man einmal von der Generalaudienz am Mittwoch absieht. Die Leute freuen sich, sich auch in der ganzen Gruppe zu treffen. Mit Kardinal Woelki an der Spitze zieht man in einer Prozession auf den Petersdom zu. Man trifft sich an der Engelsburg. Da startet der ganze Zug und zieht mit dem Kölner Erzbischof durch die Heilige Pforte am Petersdom. Dabei bleibt es nicht nur, sondern anschließend wird mit dem Kardinal auch eine heilige Messe am Altar der Kathedrale gefeiert. Da freuen sich alle Pilger sehr drauf.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.