"Wir brauchen in Europa ein faires Verteilsystem für Flüchtlinge und eine europäische Gesamtkonzeption", so Seiters in seinem Vortrag zum Thema "Die Welt als Solidarsystem - eine Utopie?", mit dem die diesjährige Reihe "DomGedanken" unter dem Leitwort "Warum solidarisch?" in Münsters Bischofskirche eröffnet wurde.
Auch über die europäische Ebene hinaus sei die internationale Gemeinschaft ihrer Verantwortung in der Vergangenheit oft nicht nachgekommen, so der frühere Bundesinnenminister weiter. "Die Welt als großes Solidarsystem wird leider eine Utopie bleiben, und die globalen Fluchtbewegungen werden eher noch zunehmen." Ein Patentrezept für die Lösung der Konflikte gebe es nicht, aber die Zielsetzung, sie zu entschärfen, müsse eindeutig sein.
Neue Dimensionen der Flucht
Weiter erklärte der CDU-Politiker, Flucht und Vertreibung hätten eine neue Dimension erreicht, die dringend nach einer Antwort der Weltgemeinschaft verlange. So habe etwa die Zahl der Klima- und Naturkatastrophen in den vergangenen 15 Jahren dramatisch zugenommen. "Wir in den Industrieländern sind mitverantwortlich für solche Katastrophen, unter anderem wegen der Ausbeutung der Ressourcen und der ungleichen Handelsbedingungen."
Die Lage in Syrien bezeichnete der frühere Bundestagsvizepräsident als "eine der schlimmsten humanitären Katastrophen seit Ende des Zweiten Weltkrieges". Solange es dort keine Lösung gebe, bleibe eine Hauptursache für die Flüchtlingsbewegung bestehen, warnte er.
Dank an die vielen ehrenamtlichen Helfer
Positiv hob Seiters hervor, 2015 sei für ihn "das Jahr der Flüchtlinge und der Ehrenamtlichen" gewesen. Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer wäre der deutsche Staat nicht in der Lage, über eine Million Flüchtlinge zu betreuen. "Die Hilfsbereitschaft ist nach wie vor überwältigend", sagte er. "In dieser Form, in dieser Größenordnung und über einen so langen Zeitraum haben wir das in Deutschland noch nie gesehen."
Die Helfer sollten sich von Anschlägen wie in Würzburg und Ansbach nicht entmutigen lassen, betonte Seiters. Auch müsse alles getan werden, um die Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Zu hohe Erwartungen könnten allerdings zu Enttäuschungen führen. "Die Integration ist ein Prozess, der über Jahre hinweg andauert."