Rüttgers und Lammert würdigen Kölner christlich-jüdische Gesellschaft

Ein halbes Jahrhundert gelebte Versöhnung

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat davor gewarnt, die guten Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden in Deutschland als Selbstverständlichkeit anzusehen. "Gemessen an der entsetzlichen Vergangenheit der NS-Zeit erscheinen sie wie ein Wunder", sagte er am Mittwoch in Köln beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. "Dass es überhaupt wieder jüdisches Leben hier gibt, ist eines der schönsten und ernsthaftesten Komplimente an die zweite deutsche Demokratie."

Der neue Rabbiner Jaron Engelmayer und Stadtdechant Johannes Bastgen / © Schlegel (DR)
Der neue Rabbiner Jaron Engelmayer und Stadtdechant Johannes Bastgen / © Schlegel ( DR )

In fünf Jahrzehnten seien zwischen Christen und Juden sowie Deutschland und Israel Freundschaften entstanden, «auf die nach dem Krieg niemand ernsthaft hoffen konnte», so Lammert. Nach dem Krieg hätten noch 2.500 Juden im heutigen Nordrhein-Westfalen gelebt, heute seien es 30.000. Bundesweit seien seit den 1990er Jahren fast 200.000 Juden aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen, «ausgerechnet nach Deutschland», unterstrich der Politiker.

Der Bundestagspräsident rief zugleich dazu auf, die christlich-jüdischen Gespräche um den Dialog mit Muslimen zu erweitern. Dabei müssten allerdings «alle Seiten» bereit sein, sich mit den Positionen des anderen ernsthaft auseinanderzusetzen. Das Bekenntnis zum Dialog sei bedauerlicherweise zu einer populären «rhetorischen Floskel» geworden.

Die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit war 1958 auf Bürgeranregung gegründet worden. Die Stadt hat die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen. Gründungsziel war die Förderung des christlich-jüdischen Dialogs nach dem Holocaust, die Aufklärung über Antisemitismus und Rassismus sowie die Förderung enger Beziehungen zu Israel. Zu den Gründungsmitgliedern zählten Vertreter der Religionsgemeinschaften sowie Kulturvertreter wie Heinrich Böll und Wilhelm Ungers. An dem Festakt nahmen zahlreiche Vertreter aus Politik, Kirchen, Judentum und Gesellschaft teil, darunter NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU).