"Ich wünsche mir, dass die katholische Kirche in Polen und Deutschland, die schon einmal geholfen hat, Vergebung zu ermöglichen und einen Neuanfang zu gestalten, auch in unseren Tagen hilft", schreibt der 64-Jährige in einem Beitrag für den "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochsausgabe). Rüttgers nahm Bezug auf den historischen Briefwechsel zwischen den katholischen Bischöfen beider Länder im Jahr 1965, der als Meilenstein der Aussöhnung zwischen den Völkern gilt.
Rüttgers wies die Kritik von Europaparlamentspräsident Martin Schulz (SPD) am Vorsitzenden der polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, zurück. Dieser habe es "nicht verdient, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verglichen zu werden", so Rüttgers. "Wer weiß, dass die Zwillingsbrüder Jaroslaw und Lech Kaczynski in einem langen Kampf gegen die kommunistische Diktatur in Polen geholfen haben, das Land in die Demokratie und nach Europa zu führen, der wird vorsichtiger, den PiS-Vorsitzenden als rechtsradikal oder rechtspopulistisch zu bezeichnen."
Rüttgers warnt Polen vor Klagen vor dem EuGH
Zugleich forderte Rüttgers aber, dass die EU eine Vernachlässigung demokratischer und grundrechtlicher Standards durch Polen nicht auf sich beruhen lassen dürfe. Indirekt warnte er Warschau vor Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. "Die polnische Regierung sollte sich nicht darauf verlassen, dass Sanktionen im Europäischen Rat die erforderliche Mehrheit verfehlen", so Rüttgers. "Jeder polnische Bürger kann heute seine in der EU mit Zustimmung Polens verankerten Menschen- und Bürgerrechte beim EuGH einklagen."
Deutschland als nächstem Nachbarn und Freund Polens empfahl Rüttgers, der dem "Council of the Auschwitz-Birkenau Foundation" angehört, mit Gelassenheit und Klarheit zu reagieren und sich der historischen Dimension des deutsch-polnischen Verhältnisses bewusst zu sein. Es sei Deutschlands Verantwortung, "dass die Freundschaft, die in 25 Jahren gewachsen ist, nicht zerstört wird".