Debatte über Genbabys geht weiter

Ruf nach einheitlichen Regeln wird lauter

Nach der mutmaßlichen Geburt zweier genveränderter Babys in China fällt die Einordnung nach wie vor schwer. Dem Kölner Erzbischof machen die Meldungen schlichtweg Angst. Andere fordern nun Regeln auf internationaler Ebene.

Embryonen-Forschung / © Waltraud Grubitzsch (dpa)
Embryonen-Forschung / © Waltraud Grubitzsch ( dpa )

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki betonte gegenüber DOMRADIO.DE, dass die Kirche nicht generell gegen Forschung und Wissenschaft sei. Aber man müsse neben den Chancen immer auch die langfristigen Risiken und Gefahren im Blick haben, so der Kardinal.

"Wir Menschen kommen in Teufels Küche wenn wir Gott ins Handwerk pfuschen und an den menschlichen Keimbahnen herumexperimentieren. Die aktuellen Nachrichten von gentechnisch veränderten Babys aus China machen mir da Angst", betonte Woelki.

Unterdessen warnten die beiden großen Kirchen in Deutschland in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) vor unkalkulierbaren Folgen von Veränderungen am Erbgut des Menschen mithilfe der der Genschere CRISPR/Cas. "Wenn sich dieser Vorgang bewahrheitet, dann verletzt er sämtliche wissenschaftliche Regeln", sagte der Augsburger Weihbischof Anton Losinger.

Kirche warnt vor Folgen

Gentechnik im Grundsatz lehnt Losinger, der lange Mitglied im Deutschen Ethikrat war, nicht ab: "Wenn Gentechnik heute zu Therapiezwecken eingesetzt wird, wird niemand sagen, dass das falsch ist - solange sich die Folgen der Technik klar abschätzen lassen." Das sei beim aktuellen Embryonenexperiment aber nicht der Fall: "Wir brauchen daher in der Biogenetik ähnliche Schutzstandards wie bei den Menschenrechten. Sonst stehen am Ende Perfektionierung und Selektion."

Ähnlich äußerte sich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. "Genetische Eingriffe in die menschliche Keimbahn wirken sich auf alle Nachkommen aus", gab der bayerische Landesbischof zu bedenken. "Damit öffnet sich die Tür für das gezielte Formen des Designs eines zukünftigen Menschen."

Auch die Kandidatin für den CDU-Vorsitz, Annegret Kramp-Karrenbauer, zeigte sich besorgt. "Das christliche Menschenbild und die unantastbare Würde jedes Menschen dürfen niemals in Gen-Laboren zur Experimentiermasse werden", schrieb sie am Dienstag auf Twitter. "Wir brauchen einen internationalen Pakt für die Menschenwürde - mit verbindlichen und harten Sanktionen", so die Katholikin.

Der Philosoph und Bestsellerautor Wilhelm Schmid warnte vor "Menschen nach Wunsch". In der "Augsburger Allgemeinen" gab er sich zugleich jedoch zuversichtlich, dass den perfekten Menschen auch in Zukunft niemand schaffen könne. "Da schiebt die Natur einen Riegel vor."

Bioethiker mahnt sachliche Debatte an

Der Bioethik-Experte Ole Döring, der selbst in Berlin und Hongkong forscht, plädierte in der "Welt" für eine sachliche Debatte. Er setze auf die "Selbstorganisation der Wissenschaftsgemeinde". Allerdings sei der Status der Bioethik in China noch "sehr marginal", räumte Döring ein. "Es gibt zum Beispiel keine Debatte darüber, welchen metaphysischen Status der ungeborene Mensch hat."

Gleichzeitig übe die chinesische Regierung einen enormen Druck auf die Forscher aus, weil sie in Wissenschaft und Technik eine führende Position einnehmen wolle, erläuterte Döring. Gerade jetzt müsse man deswegen "in großem Stil" mit den chinesischen Wissenschaftlern zusammenarbeiten, die mit ihren eigenen moralischen Bedenken oft allein gelassen würden.

Am Montag sorgten Berichte für Schlagzeilen, nach denen der Wissenschaftler Jiankui He das Erbgut von Zwillingsmädchen im frühen Embryonen-Stadium mit Hilfe der Genschere genetisch verändert hat.

Der Forscher will ein Gen stillgelegt haben, damit die Kinder sich nicht mit HIV anstecken können. Der Vater der Kinder hatte HIV. Es gibt bislang allerdings keine unabhängige Bestätigung des Versuchs. (KNA)


Quelle:
DR , KNA