Ruhr-Uni öffnet Gaststudium für Flüchtlinge

"Den studentischen Alltag kennenlernen"

An der Ruhr-Uni in Bochum können künftig Flüchtlinge als Gasthörer das Studentenleben in Deutschland kennenlernen. Sie können deutsche oder englische Veranstaltungen besuchen, erzählt Uni-Sprecherin Michaela Wurm im domradio.de-Gespräch.

Gebäude der Universitätsverwaltung der Ruhr-Universität Bochum (dpa)
Gebäude der Universitätsverwaltung der Ruhr-Universität Bochum / ( dpa )

domradio.de: Lassen Sie uns mal zuerst an den Stammtisch gehen. Da könnte man sagen: Jetzt nehmen uns die Flüchtlinge nicht nur die Wohnungen und die Arbeit weg, sondern auch noch die Studienplätze an der Uni! - Was entgegnen Sie?

Michaela Wurm (Sprecherin der Ruhr-Uni Bochum): Das reguläre Studienplatz-Verfahren läuft weiter wie bekannt. Die Studienplätze werden in der Regel über NC-Werte und Wartesemester vergeben. Unser Projekt richtet sich explizit an Gasthörer, die von diesem regulären Verfahren ohnehin nicht betroffen sind.

domradio.de: Es ist also kein Studium im klassischen Sinne, sondern ein Gasthörer-Studium. Wo ist der Unterschied?  

Wurm: Wir sprechen mit dem Projekt vor allem Menschen an, die im Antragsverfahren für ein Asyl sind. Es ist also noch gar nicht klar, ob sie in Deutschland bleiben dürfen oder nicht. Die Rechtslage sieht aktuell so aus, dass die Flüchtlinge kein reguläres Studium (mit Prüfungen und einen Abschluss, Anm.d.Red.) besuchen, sondern als Gasthörer dabei sein dürfen. Sie können Vorlesungen besuchen, können das Universitätsleben kennenlernen, Kontakte knüpfen und einfach sehen, wie ein studentischer Alltag in Deutschland aussieht.  Sie sollen schauen können, wie sie ihr im Heimatland begonnenes Studium abschließen können. Wenn sie in Deutschland bleiben können, können sie sich für einen regulären Studienplatz bewerben und in das reguläre Studium einsteigen.

domradio.de: Das Gaststudium ergibt aber nur Sinn, wenn die Flüchtlinge Deutsch sprechen, oder?

Wurm: Der Großteil unserer Veranstaltungen ist in deutscher Sprache. Wir haben aber gerade im Master-Angebot viele Vorlesungen und Veranstaltungen, die in englischer Sprache angeboten werden. Wir werden mit den Flüchtlingen schauen, wie ihre Sprachkenntnisse sind und welche Veranstaltungen dann Sinn machen. 

domradio.de: Bieten Sie auch begleitende Deutschkurse an?

Wurm: Wir sind im Gespräch mit dem AStA (Allgemeiner Studierenden-Ausschuss, Anm.d.Red.), der Deutschkurse für ausländische Studierende anbietet. Wir überlegen gemeinsam, wie wir Angebote schaffen können für Menschen, die wenige oder gar keine Sprachkenntnisse mitbringen.  

domradio.de: Das Gaststudium ist kostenlos. Wie finanzieren Sie das?

Wurm: Dadurch, dass wir ein reguläres Veranstaltungsangebot haben, entstehen uns keine Kosten. Kosten werden möglicherweise durch Deutschkurse oder Fahrkarten entstehen. Da sind wir aktuell in Gesprächen, um Unterstützung zu finden.  

domradio.de: Wann beginnt das Gasthörer-Studium für Flüchtlinge?

Wurm: Semesterstart ist am 19. Oktober und dann beginnt auch das Gasthörer-Studium. Es ist also noch ein bisschen Zeit, sich zu informieren.  

domradio.de: Gehen Sie auch in Flüchtlingsunterkünfte und machen das Angebot dort publik?

Wurm: Wir haben das große Glück, dass wir eine studentische Flüchtlingshilfe an der Ruhr-Uni haben. Das sind ungefähr 500 Studierende, die Flüchtlingen in und um Bochum helfen. Die haben zweimal die Woche Sprechzeiten in Flüchtlingsunterkünften. Auf die Hilfe der Studierenden setzen wir. 

 

Das Gespräch führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR