Einmal im Jahr, Ende Mai, macht der heilige Rumold einen Ausflug. Dann verlässt der Schutzpatron der Stadt und des Hauptstadt-Erzbistums Mecheln-Brüssel seine Nische im Hochaltar der prächtigen Mechelner Kathedrale und zieht in Prozession durch die Altstadt und am Flüsschen Dijle vorbei. Allerdings nicht an seinem eigenen Feiertag, der am 24. Juni begangen wird - sondern zu Ehren Marias. Gottesmutter schlägt Schutzpatron.
Wer war der heilige Rumold von Mechelen? Schon sein Name ist von europäischer Vielfalt. Auch Rumbold oder Romuald genannt, heißt er auf Niederländisch Rombout, auf Englisch Rumbold, auf Französisch Rombaut. Zuverlässige Quellen über sein Leben gibt es nicht. Die ersten legendarischen Nachrichten stammen aus dem 11. Jahrhundert, eine Lebensgeschichte eines unbekannten Verfassers aus dem 15 Jahrhundert.
Als Glaubensbote gewirkt
Trotz seines sächsischen Namens - eine Zusammensetzung der althochdeutschen Wörter für "Ruhm" und "herrschen" - kennt ihn eine (sehr unwahrscheinliche) Legende als Sohn eines schottischen Königs, eine andere als Bischof von Dublin (oder Dunblane in Schottland), wo er sein Amt niedergelegt habe und zur Missionsreise aufgebrochen sei.
Der Abt und Hagiograph Theoderich von St. Truiden schrieb Anfang des 12. Jahrhunderts - also rund 300 Jahre nach Rumolds Tod -, dieser stammte aus "Scotien"; möglich, dass er bei den Angelsachsen geboren und in einem schottischen Kloster in Irland erzogen wurde.
Jedenfalls soll er im Zuge der angelsächsischen Mission von Britannien nach Flandern gekommen sein und zusammen mit den heiligen Bonifatius, Lambert von Maastricht, Liafwin und Willibrord als Glaubensbote gewirkt haben. In Flandern wird er auch als einer der Gründer des Klosters Lier genannt. Einige seiner Legenden finden sich auch für andere Heilige; offenbar handelt es sich also um Übertragungen oder Verwechslungen.
Seine letzte Lebensstation jedenfalls ist die Gegend um Mecheln, wo er als Einsiedler lebte, 775 von Räubern erschlagen und in den Fluss geworfen wurde. Der örtliche Graf persönlich, so heißt es, habe den Leichnam herausgeholt und aufbahren lassen. 1580 wurden Rumolds Reliquien von calvinistischen Truppen und englischen Söldnern im Achtzigjährigen Krieg zerstreut, doch von Erzbischof Johannes Hauchinus wieder zusammengeführt.
Gebeine in der Rombouts-Kathedrale beigesetzt
Seit 1639 wurden die Gebeine in der nach ihm benannten Rombouts-Kathedrale beigesetzt. Zum 1.000. Todestag bestätigte eine Untersuchung 1775 den Befund der Ermordung Rumolds. In der Kathedrale von Mecheln werden seine Reliquien in einem kunstvollen goldenen Schrein hinter dem Hochaltar aufbewahrt. Eine Statue und ein Bilderzyklus von biografischen Szenen stellen ihn dar. In ganz Flandern ist sein Patrozinium verbreitet. Rumolds Attribute sind das Bischofsornat, Axt und Sense.
In Prozession mitgeführt wird der Rumold-Schrein alljährlich Ende Mai bei der sogenannten Hanswijk-Prozession. Religiöser Kern und Ursprung des Umzugs, der zum Weltkulturerbe der Unesco gehört, sind zwei Marienereignisse. Der Überlieferung zufolge war im Jahr 988 auf dem Flüsschen Dijle ein Schiff unterwegs, das neben Handelswaren auch eine hölzerne Marienstatue an Bord hatte. Auf Höhe des Weilers Hanswijk lief das Boot auf Grund. Nach vergeblichen Versuchen, es wieder flott zu machen, wurde die Statue an Land gebracht; plötzlich konnte das Schiff weiterfahren.
Im Jahr 1272 dann litt Mecheln unter Kriegswirren und der Pest. In ihrer Verzweiflung beschlossen die Hanswijker, ihre Marienfigur in die nahe gelegene Stadt zu bringen. Die Krise wurde überstanden, und man gelobte, die Statue künftig alljährlich in Prozession durch die Stadt zu tragen. Dieses Versprechen wird bis heute gehalten. 16 Männer und Frauen braucht es, um den kostbaren Rumold-Schrein durch die Straßen der 87.000-Einwohner-Stadt nördlich von Brüssel zu tragen. Der Rückweg von der Hanswijk-Basilika zur Kathedrale ist dann kommoder: Ein LKW befördert die heilige Last.