Saarbrücken richtet oberirdische Grabkammern ein

Südländisches Friedhofsflair

Die Stadt Saarbrücken geht in der Friedhofskultur neue Wege: Auf dem Hauptfriedhof wurden jetzt die bundesweit ersten oberirdischen Grabkammern angelegt. Die zwölf Kammern stehen in idyllischer Lage an einem Waldrand und sollen Beisetzungen wie im Mittelmeerraum ermöglichen - inklusive Bilder der Verstorbenen und Blumenschmuck an den Grabplatten. Die saarländische Landeshauptstadt erfüllt damit einen lang gehegten Wunsch ihrer italienischen Gemeinde.

 (DR)

"Aktive Integrationspolitik"
Weitere 24 Kammern werden im Sommer gebaut. Bei Bedarf kann das entstehende zweistöckige Gräberfeld jederzeit erweitert werden. Die Stadt stelle sich damit auch den Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels, sagt Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD). Nach ihren Angaben leben in Saarbrücken rund 24 000 Ausländer aus 160 Nationen. Mehr als 4100 davon seien Italiener.

"Wenn wir Migrantengruppen die Möglichkeit geben, sich in ihrer neuen Heimat so bestatten zu lassen, wie sie es wünschen und wie es für die Trauer der Angehörigen hilfreich ist, dann wirken wir der Ausgrenzung gesellschaftlicher Gruppen entgegen", sagt Britz. Das sei aktive Integrationspolitik, ebenso wie mit einem moslemischen Grabfeld, das schon seit zehn Jahren auf dem Hauptfriedhof bestehe.

Vorangegangen war dem bundesweit einmaligen Projekt ein Hürdenlauf durch Gremien und Behörden. Der Saarbrücker Stadtrat musste die Pläne absegnen, der Landtag eigens das saarländische Bestattungsgesetz ändern, und auch Gesundheitsbehörden waren gefragt. "Es hat rund drei Jahre gedauert, bis alles durchgeboxt war", sagt Initiator Guglielmo Scandariato. Der erste Vorschlag des 62-Jährigen vor fünf Jahren war noch auf wenig Gegenliebe gestoßen. "Erst als ich mit Bildern und Preisvorstellungen kam, und der Ausländerbeirat aktiv wurde, ging es voran."

Nicht nur für Italiener
Nun sei für viele Familien endlich eine "bessere Trauerarbeit" möglich, sagt Scandariato, der schon seit über 40 Jahren in Deutschland lebt. Fälle, bei denen verstorbene Familienmitglieder extra nach Italien überführt wurden, um stilvoll nach dem Heimatriten beerdigt zu werden, gehörten damit der Vergangenheit an. Die neue Bestattungsform könne aber nicht nur von Italienern, sondern von allen Südländern der Region genutzt werden.
Die oberirdischen Gräber wurden von der Firma Ackermann Oekotec konzipiert. Das System umfasst neben den Sargkammern integrierte, aber abgetrennte Vorkammern, in denen auch Urnen beigesetzt werden können. Verschlossen werden die Kammern mit einer Granitplatte.

Für den Werkleiter des Friedhofs- und Bestattungsbetriebes, Uwe Kunzler, waren Planung und Bau der neuen Grabanlage eine "echte Herausforderung". "Wir sind extra mit einer kleinen Delegation nach Bozen gefahren und haben uns mit den dortigen Systemen vertraut gemacht." Im Gegensatz zu Bozen, wo die Gebeine nach 20 Jahren eingeäschert werden, beinhalte das Saarbrücker Projekt durch eine spezielle Be- und Entlüftung eine bessere Verwesungsqualität. Restliche Gebeine könnten deshalb nach Ablauf der Grabnutzung in einer gesonderten Kammer gelagert werden.

Die jetzt erstellten zwölf Grabkammern kosteten nach Angaben der Stadt einschließlich der Umfeldgestaltung rund 50 000 Euro. Jeder weitere Block schlägt mit etwa 40 000 Euro zu Buche und wird über die Grabnutzungsgebühren nach der Friedhofssatzung finanziert. Die Bestattungskosten liegen je nach Trauerfeier zwischen 3500 und 3700 Euro und sind etwa um 400 Euro teurer als herkömmliche Erdbestattungen.