Samstag unterzeichnet Franziskus Schreiben zu Ehe und Familie

Jetzt entscheidet der Papst

Mit Spannung warten Katholiken in aller Welt auf verbindliche Aussagen des Papstes zu Ehe und Familie. Über den Inhalt seines Schreibens ist zwar bislang noch nichts bekannt. Im Dunklen tappen muss man trotzdem nicht.

Autor/in:
Thomas Jansen
Familie beim Abendessen / © Harald Oppitz (KNA)
Familie beim Abendessen / © Harald Oppitz ( KNA )

Es hat lange gedauert. Nun ist es soweit: Nach einer weltweiten Umfrage unter Katholiken, zwei Bischofssynoden und einer zweieinhalbjährigen heftigen Debatte äußert sich Papst Franziskus selbst zum Thema Ehe und Familie. Am Samstag unterzeichnet der Papst den Text des sogenannten nachsynodalen Schreibens zur Ordentlichen Bischofssynode über Ehe und Familie im Oktober 2015.

Der Termin ist bewusst gewählt: Die katholische Kirche feiert an diesem Tag das Hochfest des heiligen Josef, des Schutzpatrons der Ehe. Publiziert wird das Schreiben voraussichtlich kurz nach Ostern. Mit Spannung erwarten viele Katholiken vor allem die Aussagen des Papstes zum kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen.

Das nachsynodale Schreiben ist jetzt definitiv

Bislang war alles, was im kirchlichen Beratungsprozess über Ehe und Familie gesagt und geschrieben wurde, vorläufig und unverbindlich. Das nachsynodale Schreiben ist jetzt definitiv. Damit äußert sich Franziskus erstmals seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren lehramtlich und damit für alle Katholiken verbindlich zu heiklen Fragen der katholischen Morallehre. Das Schreiben gilt vielen daher auch als Nagelprobe dafür, ob Franziskus in seinem Pontifikat tatsächlich Reformen durchsetzen kann.

Offiziell ist über den Inhalt derzeit noch nichts bekannt. Im Gegensatz zur Umweltenzyklika "Laudato si" im Sommer 2015 sind diesmal bislang auch in italienischen Medien keine Details durchgesickert. Nur so viel ist aus dem Vatikan von Leuten zu erfahren, die mit dem Text vertraut sind: Das Schreiben lässt offenbar in heiklen Fragen wie dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen einigen Interpretationsspielraum. Insgesamt, so heißt es jedoch, enthalte es keine Überraschungen.

Eifrig spekulieren Beobachter

Übersetzer arbeiten im Vatikan unterdessen noch am letzten Schliff der Textfassungen in den verschiedenen Sprachen. Eifrig spekulieren Beobachter derweil über die Ghostwriter. Der von der Bischofssynode gewählte Synodenrat, der dem Papst eigentlich bei der Erstellung des Schreibens helfen und beraten soll, hat kein einziges Mal getagt.

Franziskus bediente sich offenbar einmal mehr auswärtiger Expertise. Wie stets, wenn es um größere Dokumente des Papstes geht, fällt vor allem der Namen von Erzbischof Victor Manuel Fernandenz. Der Rektor der Päpstlichen katholischen Universität von Argentinien gilt als engster theologischer Berater des Papstes.

Bischöfe: Seelsorger im Einzelfall mehr Spielraum geben

Franziskus muss nicht bei Null anfangen. Ihm lag das Abschlusspapier der Synode vom Oktober vor. Daran ist er zwar nicht gebunden. Aber wie jeder Papst ist er gut beraten, den Willen seiner Bischöfe nicht ganz außer Acht zu lassen. Im Abschlusspapier hatten sich die Bischöfe dafür ausgesprochen, dem Seelsorger im konkreten Einzelfall mehr Spielraum im Umgang mit Gläubigen zu geben, deren Leben nicht der kirchlichen Morallehre entspricht. Im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen legt das Schreiben die letzte Entscheidung in die Hände des Beichtvater und des Gewissens der Betroffenen. Die deutschsprachigen Synodenteilnehmer hatten die theologische Vorarbeit dazu geleistet.

Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion

Die Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion wird im Abschlusspapier der Synode nicht ausdrücklich thematisiert. Das führte zu unterschiedlichen Auslegungen. Befürworter einer Änderung der kirchlichen Praxis sagten, Argumentation und Geist des Papiers sprächen dafür, dass auch für wiederverheiratete Geschiedene im Einzelfall eine Zulassung zur Kommunion möglich sei. Verteidiger der bisherigen Praxis wandten sich gegen eine solche Schlussfolgerung.

Immerhin: Fingerzeige, wie sich Franziskus positionieren könnte, gibt es viele. Immer wieder betonte er, dass es ihm nicht darum gehe, die katholische Morallehre grundsätzlich zu ändern. Franziskus hat aber wiederholt erkennen lassen, dass er mehr Spielraum für den Seelsorger im konkreten Einzelfall möchte. Vieles spricht dafür, dass er diese Maxime auch in seinem neuen Schreiben verfolgt.

 


Quelle:
KNA