Anfang Januar traten in der Kölner Zentral-Moschee der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) bei einer Konferenz fünf führende Köpfe der als verfassungsfeindlich eingestuften Muslimbruderschaft auf.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) verlangt eine "klare Abgrenzung" der Ditib von Islamisten. "Wenn die Ditib durch ihre türkisch-nationalen Aktivitäten die türkischstämmige Bevölkerung spaltet und so den inneren Frieden im Land gefährdet, muss der Verfassungsschutz zwingend tätig werden", sagte Reul der "Welt am Sonntag".
Ähnlich äußerte sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Wir erwarten, dass Ditib sich künftig deutlich von extremistischen Kräften distanziert und insoweit nicht nur Lippenbekenntnisse abgibt." Der Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, erklärte: "Ditib befindet sich am Scheideweg: Entweder sie distanziert sich schleunigst von allen martialischen und islamistischen Auswüchsen in ihren Reihen, oder sie muss damit rechnen, stärker in den Fokus unserer Sicherheitsbehörden zu rücken."
Samthandschuhe" gegenüber der Türkei ablegen
Auch FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae erklärte, er halte "die Prüfung, wenn nicht Beobachtung, durch den Verfassungsschutz für dringend erforderlich". Die Einladung der Muslimbrüder sei ein "weiterer Affront" der Ditib gegen die demokratische Grundordnung. Die Bundesregierung solle die "Samthandschuhe" gegenüber der Türkei ablegen.
Die Ditib, ein Ableger der türkischen Religionsbehörde Diyanet, wehrt sich laut "Welt am Sonntag" gegen die Kritik: "Eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist kein Kriterium, um einzelne Teilnehmer gesellschaftlich komplett auszuschließen", hieß es mit Blick auf die Muslimbrüder. Man teile deren Ansichten nicht, suche aber den Diskurs, so Ditib.
Von einem "Skandal" spricht Seyran Ates, die Gründerin der liberalen Moschee in Berlin. Die Muslimbrüder gehörten zu den größten Gefährdern der Demokratie, weil ihr Ziel die Islamisierung Europas sei. Der Grünen-Politiker Volker Beck warnte vor Bündnissen mit islamistischen Kräften. Der Ex-Bundestagsabgeordnete, der heute am "Centrum für Religionswissenschaftliche Studien" der Ruhr-Universität Bochum lehrt, sagte der Zeitung: "Das ist eine besorgniserregende Entwicklung." Dahinter stecke ein "neuer Machtanspruch". Die Türkei wolle in ganz Europa die bestimmende muslimische Kraft sein.