Schwester Anna Rademacher bringt die Ereignisse vom 7. und 8. August 2010 in drei Worten auf den Punkt. "Wir sind abgesoffen", sagt die Zisterzienserin. Ein Jahrhunderthochwasser hatte die Schwestern im östlichsten Kloster Deutschlands damals überrascht. Obwohl zahlreiche Helfer schnell vor Ort eintrafen, waren die Schäden groß. Die Klosterkirche mit ihren Altären, aber auch Heizungsanlagen, Stühle, Tische, Computer, Akten des Konvents - alles stand in einer bis zu zwei Meter hohen stinkenden, braunen Brühe.
"Das war ein Schock"», erinnert sich Schwester Anna, als sie mit IBZ-Direktor Michael Schlitt und dem CDU- Bundestagsabgeordneten Michael Kretschmer über den Stand der Renovierungen berichtet. "In zehn Gebäuden musste innen und außen der Putz runtergehackt werden", so Schlitt. Nicht nur der Putz ist jetzt neu, ebenso auch Wandfarbe, Fußböden, Heizungen und Elektroleitungen. "Auf absehbare Zeit dürften hier keinerlei Bauarbeiten mehr notwendig sein", sagt der IBZ-Direktor und ist froh, dass Baulärm, Staub und Dreck nun vorbei sind.
3,8 Millionen Euro kosteten allein die Bauarbeiten an den Gebäuden des Internationalen Begegnungszentrums (IBZ) auf dem Gelände von Deutschlands traditionsreichster Zisterzienserinnenabtei. Sie sind bereits fast wieder hergestellt. Dessen Träger ist eine Stiftung, die das Zisterzienserinnenkloster 1992 eigens gründete. Weil die Ordensfrauen ihre historischen Wirtschaftsgebäude nach der Wende nicht mehr brauchten, entschieden sie sich dafür, sie für eine Begegnungsstätte mit vielfältigem Bildungsprogramm zur Verfügung zu stellen.
Klausur ist noch immer eine Baustelle
IBZ-Stiftungsrat sitzt auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer. Als der 37-jährige Görlitzer die Folgen des Hochwassers sah, machte er sich dafür stark, dass zur Schadensbeseitigung zwei Millionen Euro an Fördermitteln vom Bund und dem Freistaat Sachsen flossen. Eine weitere Million Euro kam von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, die Kloster und IBZ bereits seit über 20 Jahren fördern. 800.000 Euro steuerten Stiftungen und rund 1.000 Einzelspender bei. "Darunter waren auch viele kleine Beträge von zum Teil nur fünf Euro, die Kinder von ihrem Taschengeld abzweigten", so Schlitt.
Die IBZ-Gebäude sind damit nun fast vollständig saniert. Anders sieht es bei den Gebäuden aus, die der Schwesternkonvent selbst nutzt. Dort werden die Schäden auf weitere 14 Millionen Euro geschätzt. "Unsere Klausur ist noch immer eine Baustelle", berichtet Schwester Anna. Die laufende Sanierung wird auch genutzt, um Vorsorge für das nächste Hochwasser zu treffen. Teilweise werden jetzt Heizschlangen in den Putz eingearbeitet. Dann muss er bei einer weiteren Flut nicht wieder abgeschlagen werden, sondern kann von innen trocknen, bevor wieder Farbe darauf kommt.
Erster Gottesdienst vielleicht schon an Weihnachten
Zudem erhalten alle Gebäude jetzt zusätzliche Dichtungen. Mit den mobilen Metallteilen können Fenster und Türen im Falle eines erneuten Hochwassers so abgeschlossen werden, dass kein Wasser eindringt. Nun kann die Anlage auch gegen Hochwasserschäden versichert werden. "Zehn Jahre lang hatten wir das erfolglos versucht", betont IBZ-Direktor Schlitt. Doch keine Versicherung wollte das Risiko eingehen, da Gebäude direkt am Grenzfluss zu Polen liegen. Erst auf Druck der Politik gab es ein geeignetes Angebot. Künftig ist das Begegnungszentrum gegen Schäden bis zu einer Höhe von 3,5 Millionen Euro versichert.
Schlitt und seine Mitarbeiter können sich nun wieder mehr um ihre inhaltliche Arbeit kümmern, etwa die Familien- und Umweltbildung. Die Ordensfrauen sind mit den Bauarbeiten dagegen noch nicht lange nicht fertig. 145.000 Liter Wasser haben 25 Bautrocknungsgeräte bisher aus den feuchten Klostermauern gezogen. Vielleicht schon an Weihnachten, vielleicht aber auch erst an Ostern kommenden Jahres können sie in ihrer Klosterkirche wieder Gottesdienst feiern.